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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
40.1978, Heft 3/4.1978
Seite: 227
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als wolle er ein Stück Vieh einhandeln und sagte ganz nebenbei zum Bauer: „Hau
dii Wildbaum um, suscht schlöön dir d Hulde noh die ganzi Em in der Bode!"

In diesem Augenblick sah der Bauer seinen Roßhuf unter dem langen Mantel
hervorschauen und gab ihm zornig zur Antwort: „Gang numme du schnell ab
miim Hof, du stinkige Gott-sei-bei-uns!" Als der Teufel den Namen „Gott"
hörte, da fuhr er mit so schwefligem Gestank davon, daß es nachher noch lange auf
dem Hof nach Schwefel stank.

Jetzt versuchte der Teufel sein böses Spiel unter dem Wildbaum, und die
guten Geister hatten alle Mühe, ihn zu bändigen. Da wurde er wütend und
predigte im Blauen von der „Teufels-Chanzle", die heute noch so heißt, den
Hexen und bösen Geistern, daß sie den Wildbaum verderben sollten. Aber niemand
gab sich dazu her.

Im Jahre 1847, als der Bauer am Wildbaum beim Ernten war, stand die Frucht
wohl schön, aber es wollte keine rechte Freude daran in ihm aufkommen. Er
ahnte, daß etwas Böses in der Luft lag, konnte sich aber nicht erklären, was es
sein könnte. Er hatte in den letzten Nächten schlecht geträumt. Und noch etwas
gab ihm zu denken.

Am Abend zuvor war er bei einbrechender Nacht von Müllheim her heimwärts
gegangen. Rüstig war er dem Wald zu bergauf geschritten, als plötzlich eine
schöne Frau neben ihm erschien. Er betrachtete sie unauffällig von der Seite,
und sie mutete ihn etwas merkwürdig an. Sie begann dies und das zu erzählen,
und schließlich freute er sich über die Unterhaltung auf dem langen Weg. Als sie
aber auf der Höhe, auf dem Rappenholenbuck ankamen, sagte sie, jetzt müsse sie
einen andern Weg gehen — zum Wildbaum. Erschrocken wollte er sie davon abhalten
und warnte sie: „Göhn nit der Weg am Wildbaum verbei! Dort schloofe
gueti Geischter drin! Si chönnte s euch zürne, wenn ihr s ufwecke! — Euri Begleitig
ließ i mer gern noh gfalle bis in s Dorf!"

Und er war ganz eingenommen von der feinen und gescheiten Frau. „Villiicht
bi n ich selber eini vu de guete Geischter us em Wildbaum!" lachte sie so seltsam
, daß der Bauer stutzte und wissen wollte, wie sie das meine. Sie ging aber
schnell weiter und rief nur noch über die Schulter zurück: „Hüet di vor em Wildbaum
!" und war auf einmal verschwunden.

Lange dachte der Bauer über die Worte der schönen, seltsamen Frau nach. Der
Birnbaum trug doch jedes Jahr eine Last Birnen, so lange er denken konnte. Warum
sollte er sich davor hüten? —

Am Tag darauf war also der Bauer mit seinen Leuten am Wildbaum beim
Ernten. Es war sehr heiß, und die Sonne stach unerbittlich. Die Luft lag wie
Blei über dem Feld. Kein Blättlein am Baum regte sich. In der Nähe waren auch
andere Leute beim Ernten. Sie schnitten die Frucht mit den Sicheln, banden und
luden sie auf, und schon mancher Wagen Frucht war heimgefahren worden.

Auf einmal wurde es finster, und ein schweres Gewitter stand wie hingeblasen
über dem Rüttifeld. Es blitzte und donnerte Schlag auf Schlag. Die Leute ließen
alles stehen und liegen und suchten unter dem Wildbaum Schutz. Es schien, als sei
die Hölle los. Die Frauen beteten laut vor Angst und Schrecken. Da dachte der
Bauer plötzlich an die schöne Frau und hörte sie warnen: Hüet di vor em Wildbaum
!

Da rief er: „Alles in der Wald!" und rannte voraus in den nahen Wald und
alle, etwa fünfundzwanzig Leute, liefen ihm nach. Jetzt fing es an zu hageln,
Steine wie kleine Eier, welche die Ernte, die noch draußen war, kurz und klein
in den Boden schlugen. Noch waren die letzten Leute nicht ganz im Wald, da
fuhr ein gewaltiger Blitz herab — gerade in den Wildbaum. Es krachte schrecklich
, und die größten Äste des Wildbaums flogen zersplittert wie Federlein über
hundert Meter weit durch die Luft. Das hatten die Wetterhexen angerichtet, die
immer wieder vom Teufel aufgehetzt worden waren. Den guten Geistern vom

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