Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
40.1978, Heft 3/4.1978
Seite: 263
(PDF, 42 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1978-03-04/0049
In schönen Vollmondnächten schlich mancher heimlich um das Schloß, um durch
Brombeerhecken und Haselnußgesträuch den Weg zum Eingang in den Burgkeller
zu finden, aber vergeblich. Doch im Schloßhof konnten sie in hellen Nächten
Ritter in Harnisch und Panzer Turniere reiten sehen. Die Rosse waren prächtig
aufgezäumt, und schöne Damen in Samt und Seide mit Schmuck aus Gold und
Edelsteinen sahen dem Spiel zu. Manchmal wurde auch das weißgekleidete Burgfräulein
gesehen, wie es auf dem Mäuerlein der Zugbrücke saß und spann. Ging
es einmal um die Burg, winkte es den Kindern zu, die durch den Wald gingen.
Manchmal konnte man in der Nacht auch ein Licht wie ein Flämmlein sehen,
das vom Walde her an der Burgmauer hinaufflog und im Erkerfenster verschwand.

Unterhalb des Schlosses hatte der Hoffischer in der Wiese das Fischrecht. Dort
sah man oft das Burgfräulein als Wasserjungfer, die in der Wiese badete und sich
nach dem Bad die goldenen Haare am Ufer in der Sonne trocknete. Sie war halb
Mensch, halb Fisch, und wer sie sah, machte einen großen Bogen um sie. Man
sagte, ihr Vater sei ein Raubritter gewesen, der genommen, was ihm nicht gehört
habe, und auch Kirchen und Klöster seien nicht verschont geblieben. Die Schätze
habe er im tiefsten Burgkeller versteckt. Seiner Freveltaten wegen habe er im
Grab keine Ruhe gefunden, und auch seine schöne, aber habgierige Tochter sei
verflucht worden. Alle hundert Jahre habe nun seine Tochter einen guten Menschen
gesucht, der den Schatz heben und haben wolle; dann wären sie und ihr
Vater erlöst.

Einmal kam die Wasserjungfer einige Nächte nacheinander zu dem Fischer,
der oft an jenem Platze in der Wiese fischte, und sagte zu ihm:

„Chumm mit mer uf s Schloß! Bruuchsch kei Angscht ha, s cha der gar nüt
passiere! Gang mit mir in der tief seht Cheller, dort stoht e großi Chischte voll
Gold! Wenn du numme selli Chischte aarüehrsch, noo isch mii Vatter und i vu allem
Böse erlöst, un was in der Chischte n isch, ghört alles dii! Chumm mit un förch
der nit, was es au seig!"

Der Fischer war arm und wäre gern reich geworden, darum überwand er seine
Furcht und ging mit zum Schloß. Die Wasserjungfrau ging voraus und zeigte ihm
unter einem großen Stein den Kellereingang. Im ersten Keller waren Schüsseln
und Kannen von Silber, im zweiten kostbare Kirchengefäße von Silber und Gold,
und im dritten und tiefsten Keller stand in der Mitte eine große mit Eisenbändern
beschlagene Kiste voll mit purem Gold. Darauf saß ein großer schwarzer Pudelhund
, der keinen Laut von sich gab. Aber aus seinen bösen Augen fuhren Funken
und aus seinem Maul züngelten Flammen. Der Fischer erschrak so sehr, daß er
davon und den Berg hinunter rannte, so schnell er nur konnte. Vor Schrecken
waren seine Haare schneeweiß geworden, und die Wasserjungfer hat man danach
nicht mehr gesehen.

IM WIESENTAL

Hochmut bestraft

Bei der Mündung des Steinenbachs in die Wiese, hinter Lörrach und Rötteln,
liegt das alte Dorf Steinen. Dort steht ein Schlößlein, in dem vor vielen hundert
Jahren ein reicher Herr lebte, dem wenig Gutes nachgesagt wurde. Seine Leute
mußten hart arbeiten und fronen, ob Werktag oder Sonntag war. Seine einzige
Tochter trieb es noch schlimmer als ihr Vater, denn sie lud ihnen immer noch
weitere Arbeit auf. Dabei war sie hochmütig, und Samt und Seide waren ihr
gerade gut genug. Aus lauter Mutwillen ließ sie am Sonntag, wenn sie zur Kirche
ging, vom Schlößchen bis zur Kirchtüre Bretter legen und diese mit Tuch oder
Taft überspannen, und keiner getraute sich, ihr etwas dagegen zu sagen.

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