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daheim und kochte das Mittagessen. Einmal mußte sie weit hinaus, um den
Leuten zum Essen zu rufen. Auf dem Weg dahin sah sie plötzlich eine Wanne
voll Geld vor sich stehen, und daneben stand eine weißgekleidete Jungfer. Als
das Mädchen verwundert auf das Geld und auf die Jungfer schaute, hörte es
irgendwoher rufen: „Geiß us em Haber! Es brennt uf em Steinigg!" Das war ein
alter Zauberspruch, wenn es irgendwo brannte, und das Mädchen schaute erschrocken
umher, konnte aber niemanden, der gerufen hatte, entdecken. Als es
wieder nach dem Geld und der Jungfer sich umsah, war alles wieder verschwunden.
Hätte die Magd ein paar Brosamen, die sie wohl in ihrer Schürzentasche gefunden
hätte, in den drei höchsten Namen auf das Geld gestreut, so wäre es
geblieben, und sie wäre reich gewesen.
Müllerbursche schuf das Häger Kreuz
Am Angenbach steht die alte Häger Mühle, auch „Sternen"-Mühle genannt,
weil darin auch eine Wirtschaft betrieben wird.
Im Jahre 1777 kam einmal spät am Abend ein Handwerksbursche in die Mühle
und fragte um Arbeit oder wenigstens um ein Nachtquartier. Dem Müller war
eine Hilfe willkommen, und er nahm ihn auf, wunderte sich aber, daß der Hand-
werksbursche so ordentlich angezogen war und ein schweres Felleisen mit sich trug.
Doch war der Müller zufrieden mit ihm, wenn er auch kaum sprach. Am Sonntag
ging er zur Kirche wie jeder rechte Christenmensch, am Nachmittag und Abend
aber hörte man ihn auf seiner Kammer, die er stets hinter sich abschloß, vorsichtig
klopfen und hämmern. Schließlich fragte der Müller seinen Burschen, was er nach
Feierabend auf seiner Kammer treibe. Er gestand,, daß er Bildhauer sei. Etwas
habe ihn von zu Hause fortgetrieben, aber darüber dürfe er nicht reden. Der
Müller forschte nicht weiter, auch nicht nach seinem Namen, den der Bursche'
verschwiegen hatte.
Im Stillen freute sich der Müller, daß sein Bursche ein Bildhauer war. Er war
schwer krank gewesen und hatte für seine Heilung versprochen, ein Wegkreuz zu
stiften. Als er den Burschen fragte, ob er sich getraue, ein steinernes Kreuz zu
hauen, sagte der erfreut zu, wünschte aber, daß das Kreuz niemand sehen dürfe,
bis er damit fertig sei. Der Müller gab ihm eine Kammer, in der der Bursche auch
die Fenster verhängte und sich an die Arbeit machte. Nach der Vollendung wurde
das Kreuz festlich enthüllt und eingeweiht, und alle staunten über das meisterhafte
Werk aus rotem Sandstein mit den Leidenswerkzeugen des Herrn, unten am
Fuße Maria und Johannes, so wie es noch heute zu sehen ist.
Dem Burschen tat man viel Ehre an, doch trotzdem blieb er ein schweigsamer
Mensch. Er nahm sich eine Frau aus einem Nachbardorf, hatte auch Kinder und
war ihnen gut, aber auch seine Frau erfuhr seinen wirklichen Namen nicht. Eines
Abends verschwand er wie er gekommen war, und nie hat man von ihm gehört,
wo er geblieben ist.
Beim Wölflisbrunnen
Es ist schon lange her. Damals brannte am Wolfseck, unterhalb von Ehrsberg,
ein junger kräftiger Köhler im Wald beim Wölflisbrunnen das ganze Jahr
hindurch Kohlen. Zu jener Zeit gab es noch Wölfe, die auch manchmal in die
Nähe des Köhlers kamen, die er aber immer wieder vertreiben konnte. Doch
einmal fielen in einer Nacht zwei starke Wölfe über den Köhler her und
richteten ihn so übel zu, daß er sterben mußte.
Der Sohn des Köhlers war ein kräftiger Bursche, fürchtete sich nicht vor den
Wölfen und betrieb die Köhlerei weiter. Aber wieder in einer Nacht fielen vier
hungrige Wölfe über ihn her und zerrissen ihn. Von da an wollte kein Köhler
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