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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
40.1978, Heft 3/4.1978
Seite: 328
(PDF, 42 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1978-03-04/0114
Regel vererbte sich die Parteizugehörigkeit in der Familie vom Hofverkäufer auf
den jungen Hofbesitzer. Was lag nun näher, als daß die ältere Generation „frei
Feuer und Licht" auf privatrechtlicher Ebene auf Lebenszeit sicherte, um ihre
Partei in ihrer Forderung zu bestärken und gleichzeitig dem Hof den Holzbezug
zu erhalten? —

Mit der Absicherung auf „Wart und Pfleg", welche verschiedene Hof Verkäufer
unmißverständlich zu Protokoll gaben, „und daß sie rächt gehalten werden wollen
und ihre Pfläg bekommen in den kranken Däg", war der Grundschnitt für die
Schlißbedingungen gefertigt und der „Naturalschleiß" bestimmte den Hüftumfang
für die einzelnen Vertragsmodelle.

Zwar kannten alle Hofverkäufer Hunger und Durst und hätten gerne einheitlich
„jeden Sonntag das Hühnchen im Topf" gesehen, welches Heinrich IV.
seinen Bauern wünschte, doch der spendierfreudige König lebte nicht im Waldland
, sondern in Frankreich und war längst bei den Vätern versammelt, als
„Schliß und Schleiß" aktenkundig wurden. Karl Friedrich von Gottes Gnaden,
Markgraf von Baden, wußte genau, daß die Äcker seiner „Bauren in den Wald-
vogteien des Oberamtes Rötteln" nicht einmal die notwendige Frucht für den
Eigenbedarf seiner Untertanen abwarf und das dumme (!) Suppenhuhn im
Waldland sein sprichwörtliches Korn nicht finden konnte. Demzufolge wünschte
er seinen Landeskindern kein einheitliches Sonntagsmenü nach der Melodie
„Schlösser, die im Monde liegen", sondern ließ seinen Waldbauern freie Hand,
sich auch im Alter ihre Speisekarte selbst zu wählen, was sie durchweg taten.

Jeder einzelne Hofverkäufer legte seinen künftigen Magenfahrplan in persönlicher
Abstimmung mit dem „Ich„ und „Du" selbst fest, berücksichtigte dabei
nicht nur seinen Appetit und die bestehenden Verhältnisse auf dem jeweiligen
Hof, sondern brachte auch seine menschlichen Qualitäten in Bezug auf Haltung
und Geist, mit den entsprechenden Klauseln in den Vertrag, und spiegelt damit
sein Wesen bis in die heutige Zeit.

Faßbar in drei Kategorien, jede in sich unterschiedlich, traten die verkaufenden
Teile auf, wobei die vorhandenen Tatsachen das Wollen bestimmten:

Zum ersten: Fühlten sich in der Regel die Eltern noch rüstig und benötigten ihre
Selbstbejahung, so verzichteten sie „vorderhand auf den Naturalschleiß" und bestimmten
, daß sie die Hälfte oder ein Drittel „des Gutes nutzen und brauchen
wollen, solange sie können", und nannten gleichzeitig die nutznießlichen Flurstücke
im Detail. Einige sicherten sich ab: „doch wenn beide Eltern noch leben und
nicht schaffen können, dann soll der Käufer den Nutznieß säen, sammeln,
trocknen und übergeben ohne Kosten", andere sagten „nur solange es den Eltern
gefallt, doch wenn sie dessen müde geworden sind, dann fallt ab Martini der
Schleiß", dritte meinten „nur solange die Eltern beieinander sind, soll an Schleiß
nichts fallen, bis einer mit Tod abgeht", doch alle waren sich einig, daß dieses ausgehandelte
Nutzungsgut, solange der Naturalschleiß nicht fällig war, vom jungen
Hofbesitzer weder verkauft noch verpfändet werden durfte.

Zum zweiten: Hatten Eltern und Kinder ein ausgesprochen gutes Verhältnis,
lagen Krankheitsgründe vor, war der „Vadder ein Witlig", oder siegte beiderseitige
Vernunft, „weilen das Höflein zu klein", so verzichteten die Eltern oder
Elternteile ebenfalls auf den Naturalschleiß mit Vorbehalt und wollten ihren
Worten zufolge mit den Kindern „in einem Mus und Brodd leben", wobei einige
hinzufügten, daß sie auch „an einem Tisch beieinander sitzen wollen". Allem zufolge
scheint jedoch die Lebenserfahrung über der gemeinsamen Suppenschüssel
gestanden zu haben, denn vorsorglich sicherten sich verschiedene Elternteile ab:
„doch wenn es nicht mehr gehen soll mit den Jungen", „wenn es den Verkeufern
nicht mehr gefallen sollte in einem Mus und Brodd zu leben", „wenn wir nicht
mehr mit der Tochter weiterhausen wollen", „wenn die Mutter gesondert leben
will" oder „wenn es Stritt gibt", „dann fällt der Naturalschliß wie folgend ge-

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