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drücklich „große Grumbiren", wobei die Witwe Bechtel anno 1812 das alte Maß
vergaß und gleich „3 Säck fol große Grumbiren lebdäglich" wollte. Die geforderte
Größe hat nichts damit zu tun, daß frei nach dem Sprichwort „die dümmsten
Bauern die größten Kartoffeln" hervorbringen, sondern umgekehrt besaßen im
Waldland die „großen Grumbiren" Seltenheitswert.
Höchst selten hingegen wurde der „Schliß" vom „Schmutz" gestreift, nur
wenige verlangten „alle 14 Dag ein Maß gesottenen Ancken", noch weniger den
frischen „Ankenballen".
Die meisten vereinbarten mit dem Naturalschleiß den Anspruch auf eine Kuh,
wovon unterschiedlich die Hofverkäufer diese Kuh ganz, halb oder zu einem
Drittel nutzen wollten. An dieser Kuh schrieb sich manchmal der Gerichtsschreiber
die Finger steif. Die einen wollten diese Kuh selbst füttern und erhoben den
Anspruch auf eine Matte nahe beim Hof, im Detail, „biß an den hinderen süßen
öpfelbaum", die anderen sagten, daß der Käufer die Kuh selber versorgt und
„Sommer und Winter diese Kuh mitlaufen läßt auf seine Gefahr", die dritten
„wollten die Kuh rächt gehalten wissen" und „wenn sie abgeht, eine neue Kuh
haben auf des Keufers Kosten", die vierten wollten mit „der anderen Schwieger-
mudder die Kuh im Wexel all ander Dag melchen", die fünften bestimmten
„und wenn der Sohn nicht mehr eine Kuh halten kann, dann wollen wir eine
Geiß und jährlich 16 Pfund Anken" usf., doch alle sicherten sich über das lebende
„Stuck Vieh" die Milch und das Fett für die tägliche Kost, denn das tierische
Produkt Fleisch sicherte im Waldland den „Schliß" nicht mit dem notwendigen
Protein.
In der Proportion bescheiden, trat hauptsächlich der Speck, je nach Wunsch
„roh„ oder „grün", „geraucht" oder „dürr" in dem Naturalschleißbezug auf,
nur wenige beschränkten sich auf das „grüne Schweinefleisch" selbst und wollten
von diesem „wie das Schwein fallt", zwischen 18 und 30 Pfund haben.
Das Schwein „fiel" jedoch unfreiwillig höchstens zweimal im Jahr nach seinem
unrühmlichen Ende ins dampfende „Chessi", denn Schweinezucht wurde im Waldland
nie getrieben, mit Mühe und Not zog der Hofbesitzer „die alte Sau" durch
und die „junge Sau" groß, um nach ihrem erzwungenem Ableben deren Seiten- und
Hinterteile in den Rauch zu hängen.
Ausgehandelte Gewichtseinheiten, wie „alljehrlich 18 Pfund dürren Speck" für
eine 58jährige Mutter, gaben einen täglichen Speckverbrauch von 41 Gramm, wobei
das restliche „Möckeli" mit 35 Gramm besonderen Festlichkeiten dienend,
keine Gallenkolik heraufbeschwor, gleichwie beide Eltern zusammen mit „30 Pfd.
dürrem Speck alljährlich auf Martini", keinen Leberschaden davon tragen konnten.
Martin, der Schmied, scheint besonders gute Verdauungsorgane besessen zu
haben, denn er verlangte für sich und seine Ehehälfte „jährlich ein halbzentriges
fettes Schwein" und schwächte ab, „doch wenn einer von uns stirbt, dann bekommt
der andere nur noch 30 Pfund grünen Speck". Nun, Martin genoß noch 10 Jahre
seinen einmalig fetten, knapp einpfündigen Sonntagsbraten hälftig mit seiner
Frau, wobei das Paar wochentags dem Vegetarismus huldigen mußte, und sein
Weib verzehrte nach seinem Heimgang noch weitere 15 Jahre den ausgehandelten
grünen Speck in 292-Gramm-Wochenportionen.
Der 62jährige verwitwete Johannes sicherte sich alljährlich auf den 11. November
keine Narrenkappe, sondern einen „Schunken oder Hammen" und zwar als
Ausnahmefall, er nahm 18 „Schunken" entgegen und während er sich auf den
19. freute, holte ihn der Tod samt seinem wässrigen „Schunkenmund".
Rind-, Kalb- und Hühnerfleisch kannte der „Schliß" nicht, kein Wildbret und
keine gebratene Gans, und auffallend fehlten gänzlich die Eier.
Nur zaghaft verirrte sich die eine oder andere Henne in Natura im „Schleiß"
wie 1783: „und sollte der Keufer Huehner haben, so muß er den Eltern eins
kostenlos mitlaufen lassen" oder „das vorhandene Huhn muß der Keufer leb-
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