Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
41.1979, Heft 1/2.1979
Seite: 24
(PDF, 39 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1979-01-02/0030
Man darf also feststellen, daß die privilegierte Sprache des Latein und der
ebenso privilegierten Sprecher und Schreiber nicht ohne Not aufgegeben worden
ist, sondern mehr oder weniger unter dem Zwang der Verhältnisse. Dieser Zwang
bestand darin, daß sich Organisationsformen der Bauern gebildet haben, die den
Grund- und Ortsherrschaften, kirchlichen und adligen, dadurch unangenehm
werden konnten, daß sie versuchten, diese Herrschaften in ihren Rechten — etwa
Zwing und Bann — einzuengen, mehr materielle Rechte zu erhalten — an Wunn
und Weide, Wald und Allmende — oder auch Abgaben in Geld und Naturalien
möglichst zu verkürzen oder doch wenigstens nicht steigen zu lassen. Es ist deshalb
auch kein Zufall, daß das habsburgische Urbar so früh gerade in diesem Raum
entstanden ist, in dem sich bald darauf die Eidgenossen unabhängig zu machen
begannen. Es gibt wohl keinen Zweifel daran, daß wir auch diese sprachliche Entwicklung
des alemannischen Gesamtraumes im Zusammenhang mit unserem
Thema, also dem Stand der Rechtsentwicklung und der Rechtsstellung der Bevölkerung
sehen müssen.

Wie nachdrücklich solche geistesgeschichtlichen Vorgänge wirken konnten, wird
übrigens durch den Umstand unterstrichen, daß z. B. die Zweinamigkeit, also die
Entstehung der Familiennamen, — sie wird auf die reichsgeschichtlichen Beziehungen
nach Oberitalien vom 10. bis 13. Jh. zurückgeführt, woher sie übernommen
wurde — innerhalb des deutschen Sprachgebietes eine gut erkennbare Entwicklung
von Süd nach Nord im Laufe des 14. Jh. durchgemacht hat.

2) Es würde zu weit führen, wenn wir hier auch noch auf ähnliche Rechtsentwicklungen
in anderen oberdeutschen Gebieten eingehen wollten. Es muß aber
darauf hingewiesen werden, daß es sie in weit größerem Umfang und in viel
zahlreicheren Landschaften, als allgemein bekannt, gegeben hat. In vielerlei
Varianten finden wir die Landstandschaft der Bauern 31) im späteren Mittelalter
und bis zum 16. und 17. Jh. in der

Grafschaft Hauenstein (Hotzenwald),
Landvogtei Schwaben,
Abtei Ochsenhausen,
Rottweil,

Toggenburg (vor dem Beitritt zur Eidgenossenschaft)
Vorarlberg (mit dem Sonderfall Bezau bis Mitte 19. Jh.)
Kempten
Berchtesgaden,

Salzburg, — Tirol — und Kärnten.

Alle diese Landschaften reihen sich entlang dem nördlichen Alpenrand, mit
Ausnahme der letzten.

Die Rechtshistoriker schildern nicht nur die Entwicklung des Stadtrechts als
einen Vorgang, der sich in Norditalien ausgebildet und über die lombardische
Reichspolitik der Hohenstaufen, vor allem Barbarossa's, über die Alpen hinweg
nach ganz Deutschland hin ausgewirkt hat. 33) Noch wichtiger für unser Thema:
Das gleiche gilt für die „comunes" schlechthin, also auch für die Ausbildung der
Landgemeinde als bürgerlicher und rechtlicher Körperschaft. Die schweizer Alpentäler
, die wie die bayerisch-österreichischen von jeher enge wirtschaftliche Beziehungen
zu ihren südlichen Nachbarn hatten, haben diese Entwicklung als erste
nördlich der Alpen aufgenommen und zu staatlicher Selbständigkeit ausgebaut. M)
Es ist deshalb ebensowenig historischer Zufall, daß gerade in einigen dieser Gebiete
der große Bauernkrieg von 1525 neben sozialen und religiösen auch deutlich
politische Wurzeln hatte, nämlich im Versuch, die Landschaften von Adel und
Klöstern ganz unabhängig und reichsfrei zu machen. Dies gilt vor allem für die
Markgrafschaft, den Hotzenwald und Tirol.

24


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1979-01-02/0030