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lieh auch aus dem Dinghof gebildet wird. Andererseits verbietet das Weistum in
§ 5 (vgl. S. 187) ausdrücklich, „vor dem Vogt zu klagen", wenn der Fall in die
Kompetenz des Propstes fällt, es muß also noch ein Gericht unter dem Vorsitz
des Vogtes gegeben haben. Dort ist also, wohl unter dem Einfluß des Propstes
von Bürgeln, das ja auf Gemarkung Obereggenen liegt, ein Wochengericht für die
gotzhuslüte unter Vorsitz des Meiers gebildet worden, um der Konkurrenz des
dörflichen Wochengerichts des Vogtes zu begegnen Eine ähnliche Lage finden
wir in Tiengen (S. 167, O § 6) und in Binzen (S. 167, M §§ 1,5, 20, 35), wo an
beiden Orten kleinadlige Vogtherren geamtet haben. In Binzen ist dabei vom
„kleinen Gericht" die Rede, womit wohl ein Vorläufer des später bischöflichen
Wochengerichts in Erscheinung tritt13).
Schluß
Wir hoffen, die eingangs gestellten Fragen nach den Zusammenhängen der Ding-
hofrechte mit der Umgebung außerhalb der Dinghöfe, insbesondere den zugehörigen
Gemeinden und deren Rechtskreis, einigermaßen erläutert und aufgehellt
zu haben. Die in der zugrunde liegenden Dissertation erörterten Begriffe
sind u. E. nur richtig zu verstehen, wenn sie im Zusammenhang mit der sozialen
Umgebung, der dörflichen Gemeinde und ihrer Organe gesehen werden. Es ist
eigentlich selbstverständlich, daß an Orten, welche keine niederadlige Ortsherrschaft
kennen, wo aber neben einer Grundherrschaft noch weitere Herrschaften
oder (und) eine nicht dinghofhörige Bauernschaft bestehen, diese Grundherrschaft
am stärksten infrage gestellt wird. Gerade in solchen Fällen, wie sie bei uns fast
die Regel sind, müssen die Dinghofrechte die Rechte der Umgebung abgrenzen
und diese Abgrenzung auch in den Dingrödeln in rechtlicher Form festhalten. Das
wäre ohne Nennung der Kontrahenten (Vogt, gebursami, Wochengericht) schlechterdings
nicht möglich. Das Dinghofrecht als Recht für eine Grundherrschaft und
gleichzeitig für ein ganzes Dorf und eine ganze Gemarkung anzusehen, wäre
zwar einfach, entspräche aber wohl in keinem Fall den tatsächlichen Verhältnissen
bei uns.
Gleichwohl ist zu betonen, daß die von uns gedruckte Dissertation von Jürgen
Springwald ihren Wert in sich selbst hat, durch die vollständige Materialsammlung
, durch die Wiedergabe bisher nicht veröffentlichter Urkunden und durch
die fleißigen und vollständigen Belege und Verweise. Sie wird deshalb, so wie
sie ist, auch künftig zu den zu Rate zu ziehenden historisch-landeskundlichen Veröffentlichungen
gehören. Die vom Autor behandelten Quellen allein konnten ihm,
der als Bevölkerungshistoriker noch keine Praxis hat, die von uns gestellten
Fragen nicht ohne weiteres beantworten. Ob sie überhaupt zu den von der Dissertation
zu beantwortenden Fragen gehören, mag zudem strittig sein. Deshalb
muß noch einmal betont werden, daß dem Autor daraus kein Vorwurf zu machen
ist. Daß die Fragen aber als solche nicht wenigstens erkannt und als solche gestellt
wurden, kann nur an der interdisziplinären Lehrweise seiner Universität liegen,
die wir nicht kennen und deshalb nicht zu bewerten haben. Die Wichtigkeit interdisziplinärer
Betrachtungsweise muß dennoch hier wieder einmal betont werden.
Daß wir versucht haben, die bei sorgfältigem Studium auftretenden Fragen aufzugreifen
und so gut wie möglich zu beantworten, bitten wir uns nicht anzukreiden
. Wir würden ohne das Gefahr laufen, bei Gelegenheit befragt zu werden,
wie stichhaltig wohl unsere Kenntnisse der geschichtlichen Landeskunde unseres
ureigenen Arbeitsgebiets sind, wenn wir hier aus persönlicher Rücksichtnahme,
was uns lieber wäre, schweigen würden.
Es sind ohnedies noch nicht alle aufgetretenen Fragen geklärt: So wären wir
z. B. sehr dankbar für weitere Hinweise auf ältere Belege für die ersten Nennungen
eines „Landvogtes" von Rötteln-Sausenberg.
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