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am folgenden Tage der Deputation Bericht zu geben. „Dieses dan war die Reise,
welche unsere Entdeckungen in dem Marmor sehr weit gebracht, und als so die
darauf verwendete wenige Kosten reichlich ausgebracht hatte" (S. 462).
Das Jahr 1755 brachte eine zweite Prospektionsreise: „Sobald aber der Schnee
geschmolzen war", faßte die Deputation am 3. 4. 1755 den Beschluß (Prot. Nr.
447, 448), Reichman aufs neue nach Kandern und Holzen zu schicken. „Zu solchem
Ende" besorgte man ihm aus Dietz noch einen „erfahrnen Steinbrecher, Nahmens
Johannes Schwind". Der Oberforstmeister von Stetten in Kandern wurde von
Karlsruhe aus um die Unterstützung des Unternehmens gebeten, die Aufsicht über
die Aufschlußarbeiter) wurde dem Factor (Bergverwalter) Johann Christoph
Kümmich in Kandern übertragen. „Den Sommer über wurden die glücklichsten
Entdeckungen gemachet" (S. 462—463).
„Die vornehmeste unter allen so da seind gemachet worden, und auch wohl
noch werden gemache werden, ist diejenige, worzu der Vogt Johan Georg Diet-
holzer zu Blansigen, Oberamt Röteln Anlaß gegeben" (S. 463). Er erhielt daher
auch die vom Fürsten ausgesetzte Belohnung von 150 Gulden.
„Es bricht solcher Marmor auf dem Wege von Blansingen nacher Wintersweiler
und Effringen, ohnfern der sogenanten Enge, nicht weit von Welmlingen, daher
wir ihn auch den Welmlinger Marmor nennen. Der Fels ist dem Boden gleich, und
gehet die Straße darüber hin" (S. 463). Er ist weiß bis gelblich und durch zahlreiche
Dendriten ausgezeichnet: „Bäumlein, Sträuche, Moos und dergleichen, mit
einer solchen Zierlichkeit und mit so vielen Abwechslungen", daß es gar nicht
möglich sei, „dasselbe genugsam zu beschreiben" (S. 464). Später (1767: 906) gibt
Reinhard auf einer Tafel eine Vorstellung von dieser dendritischen Zeichnung
(vgl. auch unten S. —). Reinhard vergleicht seinen Welmlinger Marmor (S. 478:
„Welmlinger Bäumleins-Marmor"; S. 907: „Welmlinger Dendrit-Marmor") mit
dem Florentiner Marmor. Er übertreffe im Glanz alle ihm bekannten Marmore,
und er (Reinhard) besitze doch in seinem Cabinett davon über 100 Arten (S. 464).
Die Probe des Welmlinger Steins erhielt die Nr. VIII.
Die Welmlinger Marmore gaben Reinhard Veranlassung zu Überlegungen über die
Entstehung der Dendriten (S. 465—475), wobei auch seine Belesenheit in der zeitgenössischen
geognostischen Literatur sichtbar wird. Er zitiert Kircher (Mundus subterraneus
1664), Lang (Historia lapidum figuratorum Helvetiae 1708), Luid (Lithophyllacii
britannici ichnographia 1699), Scheuchzer (Herbarium diluvianum 1711, Oryctographia
helvetica 1718) und Wallerius (Mineralogia 1747).
Im Sommer 1755 schickte Pfarrer Hitzig aus Haltingen zwei „Müsterlein",
fast so weiß wie carrarischer Marmor (S. 475). Seine Angaben wurden überprüft.
Der Stein „bricht in verschiedenen Felsen an dem Wege so von Kleinen Kerns
nach der Blansinger Felsenmühle und nacher Istein gehet." „Wir decketen in dem
Banne der Dörfer Kleinen-Kems und Blansingen grose Felsen auf" (S. 475—476),
die leider voller Stiche (Klüfte) und Lager waren und daher unbrauchbar. Vielleicht
war man schon in den höheren Splitterkalk mit seiner aufrechtstehenden
intensiven Plattung geraten.
Neue Felsen wurden auch bei Welmlingen (Probe IX) und bei Kandern
(Probe X) gefunden (S. 476).
Im Wald bei Tannenkirch fand sich „ein ganzes Marmorgebürg", Felsen von
20 auf 24 Schuh waren zu gewinnen. Drei Anbrüche wurden angelegt (Proben
XI, XII, XIII). Die Probe XI erwies sich als brauchbar für Kamine und Tische,
zeigte ein Weiß, aber leider mit „hornfahlen Flecken" (S. 478). Eine andere Gattung
dieser Tannenkircher Steine zeigte „fast rosenfarbene Flecken" (S. 479).
also wohl eine Verfärbung vom hangenden Bohnerzletten her.
In Holzen wurden „gleich beim ersten Nachsuchen gute Marmorfelsen" angetroffen
, aber wegen Arbeitermangels nicht weiter angeschürft (S. 479).
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