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Anmerkungen
(1) LV 14. Hervorhebungen von Stickelberger. — Ganz abgesehen von der sonderbaren
Gleichsetzung von Gemütlichkeit und Alemannentum, worunter beidemal ein Sich-
Gehen-Lassen in Hemdärmeln verstanden wird, zeigt dieser kurze Passus deutlich
die häufige Verwechslung des Gefühls der Entspanntheit, das der Leser während
der Lektüre einer Geschichte empfinden kann, mit der Arbeitsweise des Verfassers
und der daraus resultierende Irrtum, daß, weil der Leser glaube sich gehen lassen
zu können, auch der Dichter müsse geschrieben haben, wie die Gedanken in seinem
Kopf entstanden.
(2) LV 16, 58. — Hier gehen Lob und Schmähung so wirr durcheinander, daß man
genötigt ist, die einzelnen Sätze näher anzusehen. Wenn Bürgisser mit der ersten
Feststellung recht hat, dann wohl gegen seine eigene Meinung, die Bezeichnung
„Literat" auch im Deutschen für einen Ehrentitel zu nehmen und darunter einen
Menschen zu verstehen scheint, der jederzeit über ein beliebiges Thema etwas Gediegenes
schreiben kann. Um diesen Ehrentitel hätte Hebel wenig gegeben, wie sein
ganzes Leben und jede Zeile seines Werks und mit deutlichen Worten sein Urteil
über die sächsischen Vielschreiber (LV 7, Brief 278) beweist. — Die zweite Behauptung
, daß Hebel keinen literarischen Ehrgeiz gekannt habe, stimmt ebenfalls,
sofern man darunter ein vordrängelndes Gehabe versteht, sie ist aber eine glatte
Unterschiebung, wenn sie heißen soll, es sei ihm am künstlerischen Wert seiner
Schriften und an deren Aufnahme beim Publikum wenig gelegen gewesen und er
habe den Erfolg einem merkwürdigen Zusammenfall seiner Schreibart mit den
Forderungen des Zeitgeschmacks zu verdanken gehabt. — Was nun die dritte Behauptung
betrifft, daß Hebel nicht dem Geld zuliebe geschrieben habe, so stimmt sie
insofern, als er nicht vom Ertrag seiner Publikationen lebte. Sie verschweigt aber
sein durchaus natürliches Gefühl für eine gerechte Entlohnung auch geistiger
Arbeit, wie aus der nachdrücklichen Forderung nach einem angemessenen Honorar
deutlich hervorgeht (LV 7, Brief 277). — Allen diesen schiefen Aussagen läßt sich
durch Zitate leicht begegnen. Die letzte aber von der Minderwertigkeit eines beträchtlichen
Teils der Geschichten ist — wie ein Blick in den Kalender zur Genüge
dartut — kein Urteil des Verfassers über den Dichter, sondern über sich selbst.
(3) LV 20, 52. — Es ließe sich leicht eine ganze Blütenlese von Anmaßlichkeiten aus
dieser Arbeit über „den armen Schulmeister Hebel" (S. 126) zusammenstellen. Zur
Illustration nur noch folgendes: „Man könnte zwar einwenden, daß dem ziemlich
unbelesenen Hebel, der einzig die Kunstformen von wenigen lateinischen und
griechischen Schuldichtern kannte, für seine ausführlichen Erzählungen [in den
Alemannischen Gedichten] gar kein anderes Metrum zur Wahl blieb als das klassische
epische Versmaß par excellence, der Hexameter" (S. 23).
(4) LV 16, 46. — Dästers Vorurteil gründet wohl auf den Brief 36 (LV 7), wo Hebel
an Hitzig schreibt, daß er mit der Kantischen Philosophie nichts anzufangen wisse.
Ihm hieraus die Fähigkeit zu abstraktem Denken überhaupt abzusprechen, geht weit
über das hinaus, was man aus einer solchen Briefstelle zu schließen berechtigt ist.
(5) Für die Darstellung der äußeren Umstände mit sämtlichen weiterführenden bibliographischen
Angaben wird verwiesen auf KULLY, LV 24, passim.
(6) Original Generallandesarchiv Karlsruhe, Kapitelakten. Gedruckt bei HERBSTER.
LV 5.
(7) LV 5, 67.
(8) BENJAMIN, LV 17, 164.
(9) Hebel hatte eine von der Meinung anderer Philologen abweichende Auffassung vom
Wert gewisser Klassiker und eigene Vorstellungen von den Lektüreinteressen eines
halbwüchsigen Schülers. Noch dreiundzwanzig Jahre später schreibt er an den
Pfarrer Sebastian Engler, der seine Söhne im Privatunterricht für die Aufnahme ins
Gymnasium vorbereitete: D:n Cäsar hätte ich Ihnen zur Lektion für Ihre Söhne
nicht empfohlen, -wiewohl er auch hier eingeführt ist. Er ist nicht unterhaltend
genug, geht zu sehr ins einzelne und qualifiziert sich mehr für das Studium der
Kriegskunst als der Sprache. (LV 7, Brief 369).
(10) Lateinische Stilübungen: Badische Landesbibliothek Karlsruhe H 83 und teilweise
H 93. Eine Auswahl daraus gedruckt bei LAENGIN, LV 2, 93—104 und bei
ALTWEGG, LV 6, Bd. 1. 415—427.
(11) LV 7, Briefe 42 und 71.
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