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vor der Aufklärung zu warnen und ihnen das fleißige Studium der symbolischen
Bücher zu empfehlen. Alle Pfarrbibliotheken müßten Johann Gerhards „Loci"
besitzen. Wo dieses bändereiche Werk ganz oder teilweise fehlte, sei Cotta in
Stuttgart bereit, zu „komplettieren". Sachs mußte nunmehr halbjährlich melden,
wer mit Semestraiarbeiten im Rückstand sei (Nr. 1052). Daß hier ein Druckmittel
ersten Ranges dem Kirchenrat zur Verfügung stand, ist deutlich. Als der Auggener
„Spezial" Welper im Herbst 1783 für seinen Vicarius ad tempus und künftigen
Schwiegersohn Karl Martin Ludwig Scheuermann aus Pforzheim um Ordinations-
erlaubnis einkam, da stellte man in Karlsruhe fest, daß dieser weder Predigten
noch Specimina eingeschickt hatte (12. Sept. Nr. 1715—26. Sept. Nr. 1815).
Wahrscheinlich wurde der „Herr Special" von seiner Frau, „der Speziälin", wie
man damals sagte, und von der Braut bestürmt, dem armen Kandidaten zu helfen.
So kam es zur Ablieferung zuerst der Predigt (3. Okt. Nr. 1849) und dann des
Specimen (5. Dez. Nr. 2260). Die Zensur lautete: Die Predigt ist gut, das Specimen
habe zu wenig Zierlichkeit (!) und Deutlichkeit im Latein (Nr. 332 v. 20. 2. 1784).
Auf eine inhaltliche Kritik ließ man es gar nicht ankommen, vielleicht war der
Anteil des Speziais und künftigen Schwiegervaters zu deutlich. Längin behauptete,
man habe im Kirchenrat vorgehabt, die Specimina künftighin wegfallen zu lassen
. 13) Das Gegenteil ist richtig.
Gmelin, Crecelius und Hebel wurden zum 23. und 30. Sept. bestellt. Sie sollten
jeweils von 8—11 Uhr „nach der neu beliebten Methode ad examen rigorosum"
geprüft werden unter Anwesenheit auch der „weltlichen" Hofräte Kniestaedt
und Brauer.
Georg Jeremias Gmelin — zwei Jahre älter als Hebel — wurde bereits am
3. Okt. 1780 in die Kandidatenliste aufgenommen (Nr. 1231). Der Vater —
Pfarrer in Badenweiler — wollte ihn als Gehilfen beschäftigen, bat um Ordi-
nationserlaubnis und erhielt sie auch am 24. Nov. 1780 (Nr. 1302). Nun war der
Sohn beim Vater Vikar und wurde ab 1786 „Adjunkt", schließlich 1788 des
Vaters Nachfolger. Er verblieb in Badenweiler bis zu seinem 1830 erfolgten Tod,
so daß die Pfarrei Badenweiler von 1713—1830 im Hause Gmelin drei Generationen
lang „erblich" war. Wurde Gmelin Hebel gegenüber vorgezogen?
Wenn ja, dann nur infolge Protektion von der Familie her. Es lag eben eine
andere, stärker vom Lehnsgedanken her orientierte Auffassung der Pfarrei zugrunde
. Auch „Einheiraten" in Pfarreien kamen vor, so wurde Joh. Wilh. Maler
1742 Pfarrer von Bötzingen, indem er die Witwe seines Vorgängers Bertsch zur
Ehe nahm.
Die Biographen berichten, daß in dieser Sitzung vom 24. Nov. 1780 auch Johann
Peter Hebel „rezipiert" worden sei. Aktenmäßig läßt sich dieses Datum nicht
nachweisen, es geht auf das schon erwähnte Referat des Prälaten Holtzmann
zurück und ist nach Längin aus einem Bericht des Kirchenrats vom 27. Juni 1792
„erschlossen". 14)
Die vorhandenen Protokolle — vom Badischen Generallandesarchiv verwahrt
und unter den üblichen Cautelen auch ausgeliehen — wissen nur von einer Ablage
der Examenspredigt von Crecelius und seiner Aufnahme unter die badischen
Pfarrkandidaten am 24. Nov. 1780. Wie verlief nun die Karriere von diesem
„Kameraden"? Er wurde — genau wie der zwei Jahre jüngere Hebel — Personalvikar
bei einem Pfarrer, und zwar bei dem Vater des bekannten Rheinkorrektors
und Pioniermajors Tulla in Grötzingen bei Karlsruhe. Tulla stellte nach zwei
Jahren Ordinationsantrag für seinen Vicarius ad tempus, und der Kirchenrat
entsprach dieser Bitte am 22. Nov. 1782 (Nr. 1676), jedoch nicht, ohne zuvor sich
versichert zu haben, daß der Ordinand über 23 Jahre alt war. Am 28. November
1783, 10 Monate später, als Hebel schon in eine „Planstelle" eingerückt war,
bekam Crecelius eine solche als Stadtvikar in Karlsruhe (Nr. 2199). Man darf
annehmen, daß sein Vater beim Markgrafen diese „Gnade" erwirkt hatte. 1785
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