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so einer sei. Er wolle ihn einmal besuchen in Minsein. Da oben in Adelhausen
gebe es ja auch noch so einen guten Käse.
Es vergingen 8 Jahre, bis Burte nach Minsein kam und in der Schmiede nach
dem Künstler fragte. „So an einem Werktag daherkommen und die Leute aufhalten
, das gefällt mir! Ich habe keine Zeit!" sagte der Schmied hinter seinem
Amboß — Alban war eingezogen. Es war ja Krieg.
Albans Bruder führte den gediegen gekleideten und mit einem „Gogs" behüteten
berühmten Dichter in die Bude Albans im Speicher oben und zeigte die Arbeiten.
Es wurden 12 Holzschnitte ausgewählt, welche in die Kriegsausgabe des Mark-
gräfler Jahrbuches kommen sollten. Und Burte meinte: „Sie werden das Buch erst
so richtig herausreißen!"
Die 12 Holzschnitte, erweitert durch ein Exlibris für Hermann Burte, ließ der
Maulburger in einem Sonderdruck herausgeben und schrieb ein Vorwort dazu:
„Der Holzschneider Alban Spitz", worin er einen kurzen Überblick über das
Leben und Schaffen des Dinkelbergers gibt und den Wunsch äußert: „Sie sollen
weiteren Kreisen Kunde bringen von einem Künstler, der, wenn er bleibt, der
er ist, uns noch viel Schönes und Gutes in Bildern, Zeichnungen und Lettern
schenken wird."
Am Geburtstag von Hans Thoma, also am 2. Oktober 1939, besuchte Alban
den Meister im Flachsländer Hof. Er erzählt selbst: „Massig, schwer, aber doch
lebig behend, kam Burte auf Gotthold zu und sagte einfach und — entgegen
der damalig obligatorischen Grußmode — Guten Tag. Er gab sich vom ersten
Augenblick an nett und völlig unerhaben. Also, er war natürlich und nicht hochnäsig
herablassend oder gar aufgeblasen, wie einige meinten, die ihm das Wasser
nicht zu reichen vermochten. Freundlich, kollegial, kameradschaftlich, ließ sich der
berühmte Mann gegenüber Gotthold an und war so, wie nur irgend ein unverfälschter
Alemanne sein kann. Gotthold vermochte dabei auch beim besten Willen
keine Glaswand der Berühmtheit zu empfinden, wie das sonst gern so ist. Ganz
im Gegenteil, alles war Entgegenkommen. So den Menschen Burte von Anfang
an erlebend, konnte Gotthold sich freudig überrascht davon überzeugen, daß er
trotz seiner herrischen Art, wie sie etwa im ,Wiltfeber' da und dort sich zeigte,
ein gütiger Mensch ist und daß also verschiedentliches kleinlich-kritisches Meinen
über ihn falsch ist und sicher dem Nichtkenner oder gar sperrigem, neidischem
Nichtannehmenwollen, also einem Mangel oder, was schlimmer ist, einem Vorurteil
, zugute geschrieben werden muß." Burte fertigte zwei Zeichnungen des
Gastes an, und da ihm das kantige Gesicht zu sehr im Schatten lag, begann er
gleich mit einer dritten. Zur hereintretenden Schwester sagte der Maler, da habe
er ein feines Modell gefunden, einen Räuberhauptmann vom Dinkelberg. Und
die herausstehenden Backenknochen des Räuberhauptmanns bezeichnete er direkt
als hunnisch.
Das Modell bewunderte die Tatkraft, die Arbeitslust, die Unbekümmertheit,
die ohne lähmende Ängstlichkeit ans Werk ging. Das war nicht anders als faustisch
oder prometheisch zu nennen. Während des Modellsitzens konnte sich Alban
seinen Betrachtungen hingeben: „Auf den Photos, welche man von dem Wiesentäler
Meister sieht, hat er immer etwas kraftvoll Vitales an sich. Nur von Angesicht
zu Angesicht ist das gar nicht so. Im Gegenteil, seine Züge haben eher etwas
Mildes, Gelöstes, Geöffnetes an sich. Und geöffnet muß ja ein Künstler des
Wortes und des Bildens auch sein, Welt und Sein gegenüber, sonst ist er alles, nur
kein Dichter und Künstler. Der Wille allein ist da noch nichts. Es muß führend
dazukommen das Eingehen und Aufgehen, die Optik, die Schau. Da fängt er
an zu spielen auf den Spuren des Ewigen und Wesentlichen und wird wahr und
Samenkorn. Wuchtig muskelig, massiv kurzfigurig, wie Burte in seiner Figur
erlebt werden kann, erinnert er an die Art der Eichen. So wie eine Eiche hat
er einen kräftigen Stand in der Welt und im Leben, und es ist verständlich, daß
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