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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
42.1980, Heft 1/2.1980
Seite: 161
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1980-01-02/0167
brach der Krieg aus. Ich sagte zu Thommen, wir wollen die erste Schlacht
abwarten. Fällt sie gut für uns aus, so werden wir auch die andern gewinnen
, und dann fahre ich los auf die Reise. Als die Schlacht bei Wörth
günstig für uns ausfiel, fuhr ich wieder auf die Reise. Von da an kam
eine Siegesnachricht um die andere, und die Leute tranken einen Siegesschoppen
nach dem anderen, und so machte ich ein Bombengeschäft . . .
Um den September 1870 herum war ich in der Seegegend. Ich ließ mein
Fuhrwerk in Stockach stehen und machte von da aus Konstanz ab, wo ich
immer 8 Tage zu tun hatte. Am 2. September fuhr ich mit dem Zug mittags
wieder weg. Da wurden am Bahnhof in Konstanz Extrablätter verteilt
des Inhalts

Napoleon mit 80.000 Mann gefangen!

Ich fuhr also nach Stockach, und in der Krone wußte man noch nichts. Ich
rief: „Hurra, Napoleon ist gefangen!" Man staunte und glaubte mir nicht.
Auf einmal kommt ein Herr auf mich zu und sagt mit grimmiger Amtsmiene
: „Ich bin der Oberamtmann von Stockach und muß Sie bitten, keine
unwahren Tatsachen zu behaupten, widrigenfalls ich einschreiten müßte."
Ich sagte ihm, ich wundere mich, daß man dies in Stockach nicht wisse.
Übrigens solle er den Hinterskirch fragen, wer ich sei. Auch solle er nach
Konstanz telegraphieren und nach kurzer Zeit kam die Bestätigung meiner
Aussage. Hierauf großer Jubel. So ging es das ganze Jahr. Immer Sieg,
immer Jubel."

Auf seinen weiten und langen Reisen mit Pferd und Chaise (im Winter auf
Schlittenkufen montiert), kam er kreuz und quer durch den ganzen südlichen und
mittleren Schwarzwald, rund um den Bodensee bis tief hinein in das schwäbische
und bayrische Allgäu. Anschaulich schildert er die Menschen, ihre Sitten und
Gebräuche, Strapazen, Freud und Leid seiner Reisen, auf denen er oft monatelang
mit seinem treuen Pferd unterwegs war, fern der Heimat, aber immer in
fleißigem Schriftwechsel mit ihr verbunden.

Auf dem Boden seiner großen Erfolge wuchsen Selbstbewußtsein, Selbstvertrauen
und Unternehmungsgeist immer mehr. Im August 1878 mietete er mit
Zustimmung seines Prinzipals Thommen einen eigenen Keller, um dort auf eigene
Rechnung gekaufte Weine einzulagern. Diese sollten — so die Absprache —,
wenn sie älter und dadurch wertvoller geworden waren, mit Gewinn an Thommen
verkauft werden.

Schon in den Jahren zuvor hatte er aus seinen Ersparnissen nach und nach
Reben für sich gekauft: in Weingarten, im Hanselbrunnen und im Freitag in
Zunzingen und in der Hohle und im Gollen auf Gemarkung Müllheim. So
hatte er bis zum Jahr 1878 schon rund einen halben Hektar eigene Reben, die
noch heute zum Rebbesitz des Weinguts gehören.

Im Juli 1879 trennte sich Thommen von seinem flügge gewordenen Mitarbeiter
Johann Hermann Germann, der sich nun selbständig machte, nachdem er Thommen
über 13 Jahre treu und erfolgreich gedient hatte. Dies ist der eigentliche
Ursprung des Weinguts und der Weinhandlung H. Germann, deren hundertster
Geburtstag heute gefeiert wird und in deren Firmenbezeichnung der Name ihres
Gründers fortlebt.

So schwer auch der Anfang für den 33jährigen war, holte er doch bald seine
geliebte Mutter aus Zunzingen zu sich und wohnte mit ihr zusammen zunächst —
teuer, wie er berichtet — in einem gemieteten Haus. In Untermiete nahm er
einen Küfer zu sich und in seinen jungen Betrieb. Um das Maß der Anfangsschwierigkeiten
voll zu machen, brachten die Jahre 1879 bis 1884 einen Fehl-
herbst nach dem anderen. So war 1879 das Erträgnis seiner sämtlichen Reben
nur 150 Liter, also auf den Ar 3 Liter. Im Winter 1879 80 — es war der

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