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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
42.1980, Heft 1/2.1980
Seite: 162
(PDF, 39 MB)
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kälteste des Jahrhunderts, wie er berichtet — sind die Reben total erfroren.
1880 habe er beim Rebenschneiden nur Bodenausschläge als Holz gehabt. Umso
dringlicher war mangels ausreichender eigener Betriebsmittel sein Kreditbedarf.
Aber es gab manche, die dem Neuling nicht gewogen waren. So hatte er vor
allem Neider unter den Etablierten, die — wie es Anfängern oft auch noch
heute passiert — jeden erfolgreichen Neuling als lästigen Eindringling in ihre
hermetisch abgeschlossenen Reservate bekämpfen. Was Wunder, daß von einflußreicher
Seite Bankkredite hintertrieben wurden. Da half ihm sein Freund Hermann
Blankenborn aus der Krafftgasse mit einem privaten Kredit aus der Bedrängnis
. Diese lebenslange Freundschaft bewährte sich auch später in mancherlei
Zusammenarbeit und gegenseitiger Aushilfe zu beider Nutzen.

Am 28. 4. 1882 heiratete er, 36jährig, die 6 Jahre jüngere Elisabeth Rüde
(8. 3. 1852 — 22. 11. 1935). Sie stammte aus dem „Schlüssel" in Istein. Sie und
ihre 5 Geschwister verloren früh beide Eltern, den Vater 1855, die Mutter 1861.
Als Vollwaisen wurden die Kinder verstellt. Elisabeth kam schließlich als dienstbarer
Geist in die „Krone" am Marktplatz in Müllheim. Die Kronenwirtin
Blankenborn, eine geborene Roth aus dem Ochsen in Eimeidingen, hatte das
vermittelt. Denn Vater Rüde hatte sich in jungen Jahren als Mitarbeiter bei
den Roths im Ochsen seine Sporen verdient und dauerhafte Freundschaft begründet.
In seinem Lebensbericht schreibt Johann Hermann Germann über seine Frau, die
er in der „Krone" kennen lernte, knapp aber voll stolzen Lobs, wie brav, wie
fleißig und wie sparsam sie sei. Und sie habe ein Vermögen von 9000 Goldmark
in die Ehe mitgebracht, die zur Mehrung des Grundbesitzes und des Betriebsvermögens
verwendet worden seien. Eine treue, tüchtige Lebensgefährtin und
besorgte Mutter, blieb sie immer geprägt von ihrer harten Jugend, aber auch
von einem freundlichen Wesen gegen jedermann. Mit verhaltenem Stolz erzählte
sie noch ihren Enkeln von einem Ereignis, das für die ganze Stadt (worüber
Sievert in seiner Chronik berichtet) und auch für sie persönlich bedeutsam gewesen
sei: nämlich vom Besuch des Generalfeldmarschalls Graf v. Moltke an der
Spitze des deutschen Generalstabs im Jahre 1879, der auch in der „Krone"
Einkehr hielt. Dort sei der greise und leutselige Graf Moltke nicht nur von
Speis und Trank sehr angetan gewesen, sondern habe auch ihr, der jungen
Markgräflerin — offensichtlich beeindruckt von ihrem Liebreiz — dieserhalb
Komplimente nicht versagt.

Doch nun will ich mehr und mehr umschalten von der Zeitlupe zum Zeitraffer:
Im jungen Unternehmen ging es stetig aufwärts. So erwarb er in den Jahren
1885 und 1896 die Hausgrundstücke Hauptstr. 38 und 36 mit großem Gelände,
die noch heute — mehrmals erweitert und ausgebaut — als Geschäfts- und
Wohnhaus dienen. In der weiteren organischen Entwicklung war kein Fadenriß.
Mit Augenmaß erweiterte er den Rebbesitz und baute nach und nach die Keller
aus, immer eingedenk des Grundsatzes: man muß sich nach der Decke strecken!
Die Zahl der Markgräfler Winzer, von denen er Traubenmost, jungen Wein
und Trauben kaufte, vergrößerte sich zusehends. In den ersten Jahrzehnten lag
so der Schwerpunkt auf dem Weinhandel und dem Kellereibetrieb. (Fassungsvermögen
Keller: 480 000 Liter, Flaschenlager: 200 000 Flaschen).

Der eigene Rebbesitz ist erst im Lauf der späteren Jahrzehnte von den beiden
Söhnen Hermann (geb. 24.1.1885) und Hans (14.5.1889—24.10.1969) und
in der 3. Generation auf rund 10 Hektar erweitert worden.

Vater und Mutter Germann legten Wert auf eine gute fachliche Ausbildung
ihrer beiden Söhne. Nach dem Realschulabschluß, dem sogenannten Einjährigen,
absolvierten beide ihre Lehrzeit und die anschließende fachliche Weiterbildung
in Mannheim, in der französischen Schweiz, im Rheingau, an der Mosel, in
Bordeaux und in Spanien. Was ihnen in diesen Lehr- und Wanderjahren im
In- und Ausland an profunden Kenntnissen im Weinbau, in der Kellerwirtschaft

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