Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 4688,fm
Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
42.1980, Heft 1/2.1980
Seite: 173
(PDF, 39 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1980-01-02/0179
die ahd. Bezeichnungen mit Wein gegenüberzustellen. Wir finden bei Schützeichel
und Braune/Ebbinghaus 17):

„wingart, wingarto" was mit „Weinberg" erklärt wird, wogegen später

etwas einzuwenden sein wird.

„Wingert" Gott des Weines,

„winreba" Weinrebe, Weinstock,

„winloub" Laub der Weinrebe, des Weinstocks.

Mit Ausnahme von wlngot, das literarisch ist, sind die Wörter offenbar
Übersetzungen von Bibelstellen 20) oder solchen Glossarien entnommen, die lateinische
Wörter in ahd. Form für Übersetzungszwecke wiedergeben. Dasselbe gilt
beim Notker-Wortschatz 21,21a) £r kennt:

„win" und „opferwin", vor allem letzteres als Meßwein,

„winebere", „winegarto" und wieder das antike „wingot".
Notkers Sprache ist das Althochdeutsche etwa vom Ausgang des 10. Jh. 18).
Weder er, der bei seiner wegweisenden Glossierung und Ubersetzungstätigkeit auf
keine Vorbilder zurückgreifen konnte, sondern die ihm geläufige Umgangssprache
gebraucht hat, noch die heutigen auf der Gesamtheit der bekannten ahd. Sprachdokumente
beruhenden Wörterbücher kennen den Begriff „Weinberg". Der
„Weinberg des Herrn" in der deutschen Bibelsprache erscheint erst viel später.
Dagegen finden wir im Sprachschatz des Af/ffe/hochdeutschen eine Fülle neuer
Wörter, die zum alten „wingart" und zum Wortfeld um „win-" hinzukommen.
In unseren Zusammenhang gehören:

winbiunte (W-Bünte), winberc, wingartberc, winlehen (= Weinberglehen),

winbuwer und winwerc.
Das Wort „winbiunte" zeigt an, daß nunmehr üblich wurde, auch die Rebe
außerhalb der bisherigen „Gärten" zu ziehen. Auch „wingartberc" zeigt den
Übergang von einer alten Anbauform im „Weingarten" zur neuen Anbauweise
im Rebberg. (Und eben deshalb ist es historisch unrichtig, für die Zeit des ahd.
den „wingart" mit Weinberg zu erläutern, weil damit die Unterschiede der Anbauweise
verwischt werden.) Das „winlehen" macht den Ubergang von der Eigenwirtschaft
zum Leihewesen deutlich, das „winwerc" ist offenbar keine Sache
weniger Spezialisten mehr, sondern die Tätigkeit des „winbuwer", wobei offen
bleibt, ob hier einfach der gemeint ist, der den Weinberg baut, oder ob das
Wort schon als Berufsbezeichnung im heutigen Sinn von „Weinbauer" gebraucht
wurde. Auch daß jetzt der eigene Begriff des „winmarket" auftritt, gehört in
diese Entwicklung. Schließlich ist von Bedeutung für unser Thema, daß wir ein
weiteres Wort neben „Rebe" für die wilde Rebe erfahren, es ist der „winterlinc".

5. Veränderungen der Wirtschaftsweise

Tatsächlich haben sich im Laufe des 12. Jh. die Lebenshaltung und die Arbeitsbedingungen
der breiten Schichten der Bevölkerung als Ganzes gegenüber den
voraufgegangenen Jahrhunderten sehr deutlich verbessert. In den Städten sehen
wir, wie sich ein Mittelstand bildet, der sich anschickt, am Stadtregiment teilzuhaben
. Das gegliederte Berufswesen wird erkennbar. Auch die ländlichen Schichten
beginnen, sich aus der Bevormundung durch Grund- und Leibherren zu lösen.
Die Arbeitskraft wird teurer, auch die der Taglöhner und der Dienstleute auf dem
Lande. Große Klöster sind häufig nicht mehr in der Lage, ihre Güter selbst
zu bewirtschaften, sie müssen mehr und mehr dazu übergehen, sie gegen Pachtzins
auszuleihen. Die gleiche Entwicklung sehen wir bei der Bewirtschaftung der
adligen Herrschaftsgüter. Der beste Beleg dafür, daß dies kein freiwilliger
„Zug der Zeit", sondern wirtschaftliche Notwendigkeit war, ist die Tatsache,
daß selbst der Cisterzienserorden, der durch seine Regel verpflichtet war, seinen
Lebensunterhalt durch der eigenen Hände Arbeit sicherzustellen, wegen des

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