http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1980-03-04/0168
Als Beispiel seien hier die Seiten zum Thema „Wovon leben die Vögel im Winter?"
genannt, wo den Sdiülern die eigene Herstellung von Meisenglocken erläutert wird,
50 daß sie es ohne Anleitung durch den Lehrer nachvollziehen können. Außerdem wird
klar gezeigt, was gefüttert werden darf und wo gefüttert werden soll.
Die Winterfütterung dient gleichzeitig als Anregung zur Vogelbeobachtung, unterstützt
von Bildern häufig vorkommender „Wintergäste" sowie dem Beispiel einer Beobachtungsliste
.
Ein Buch für junge Menschen und die noch mit ihnen fühlen können. Besprochen: Johannes
Kaiser: Singe vo dir und Abraxas; Gedichte in alemannischer Mundart. 98 S., Moritz
Schauenburg Verlag Lahr, ISBN Nr. 3-794601793, mit Linolschnitten v. Manfred Kaiser.
Wer nicht so schlau ist, gleich das Rückblatt des dunkelblauen Buches zu studieren, der
wird zum Lexikon greifen, um nachzuschlagen, was „Abraxas" ist; und er wird weder
mit der Erläuterung „Stachelbeerspanner" noch mit „götliche Geheimnisse im gnostischen
System des Basilides" viel anfangen können. Hermann Hesse hat im „Demian" den
Begriff für urgründiges Leben gewählt, Werner Egk und amerikanische Rock- und Jazzgruppen
haben ihn musikalisch verarbeitet.
Musikalisch komponiert auch Johannes Kaiser seine Rhythmen und Reime, viele seiner
Gedichte rufen fast zwingend nach Vertonung und musikalischer Interpretation. Verbunden
mit einer beachtlichen Bildkraft und der aus tiefen Gemütsbereichen kommenden
suchenden Sehnsucht des Zweiundzwangzigjährigen erhalten Kaisers Gedichte in alemannischer
Mundart einen besonderen Reiz. „Z Obe an de Wiese", „Abschied", „Ellai
sii", „Milchwald" u. a., das sind Stimmungen, die den Leser wie liebende Frauen gefangen
nehmen. Eine starke Erotik geht durch das Buch, sie findet dort, wo die ausdrucksscheue
, alemannische Mundart sich ihr verweigert, den Klang fremder Geheimworte:
„Abraxas", „Woodstock", „Blues". Diese fügen sich nahtlos in Kaisers „Melodie in
Mundart" ein.
Titel wie „Liebeslied", „Du", „Ballade einer Nacht" lassen die Vermutung aufkommen,
daß jugendlicher Gefühlsüberschwang in den Versen Kaisers sich Bahn gemacht habe. Das
ist aber ein Irrtum, Bitterkeit und fast greifbare Resignation machen Kaisers Gedichte
zu ungesungenen Liedern einer im Zeitstrom wirbelnden Generation, schwankend zwischen
Trauer und Trotz, Begehren und Aufbegehren, Zorn und Verlorenheit. Daß dahinter
und darunter auch Töne der Freude und Hoffnung klingen, ist tröstlich und läßt
eine Entwicklung des jungen Dichters erwarten, die nicht Verzweiflung, sondern Ermutigung
verspricht.
Wenn die „aktion junge Mundart" 1976, in der Kaiser den ersten Preis für Poesie
errang, nur diesen einen Dichter zur Mundart geführt hat, wäre sie schon ein Erfolg gewesen
. Kaisers Gedichte verdienen eine gute Resonanz, vor allem bei jungen Menschen
und solchen, die noch mit ihnen fühlen können. Gerhard Jung
Lucien Sittler, Die Elsässische Weinstraße — Von Wissembourg bis Thann. Mit 27 Fotos
von Willy Pragher, 32 Illustrationen und 3 Kartenskizzen von E. H. Cordier. Freiburg:
Rombach 1980. 131 S., Taschenbuch.
1953 eingeweiht, führt sie von Thann den elsässischen Vorbergen auf vielerlei Umwegen
entlang bis nach Weißenburg im Unterelsaß. Der Verf., seit langen Jahren als
einschlägiger Autor bekannt (bereits im Krieg erschien von ihm eine zweibändige Geschichte
des Elsaß; 1965 u. ö. dann seine „Fahrten und Wanderungen im Elsaß"), schickt
der eigentlichen Routenbeschreibung Geographisches und Historisches, Vinokologisches
und sogar Lukullisches voraus. Hübsch lesen sich die Textauszüge „Chronisten und
Historiker über den Elsässer Wein". Die beigegebenen Kartenskizzen führen die Vielfalt
der Weinstraße vor, und wir freuen uns, jenseits des Rheins gewissermaßen ein jederzeit
lohnendes Pendant unserer Badischen Weinstraße zu haben (dazu vgl. Franz Hilger, „Die
Badische Weinstraße — Von Baden-Baden bis Basel", Freiburg 1979). Eigene Kapitel
wurden den Wandlungen des elsässischen Rebbaues im 20. Jahrhundert sowie der
Organisation des elsässischen Weinbaues gewidmet. Besonders interessant Sittlers Ausführungen
über die elsässischen Rebsorten, obschon es da einige Schwierigkeiten (nidit
zuletzt der Ubersetzung?) gab; so ist zu unterscheiden zwischen dem Pinot noir (= Spätburgunder
), dem Pinot blanc (= Weißer Burgunder) und dem Pinot gris (= Ruländer),
der Clevner aber entspricht unserm Traminer (im Mittelbadischen so bezeichnet). Immerhin
, mit dem Chasselas, dem französischen Gutedel, geht es klar. Die eigentliche Be-
372
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1980-03-04/0168