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Schreibung der Weinstraße ist sodann mit „Anekdoten, Sagen, Zitaten" aufgelockert.
Es liest sich bereichernd, ohne allzu didaktisch zu wirken. Tradiertes und Kulturgeschichtliches
fließen immer wieder geschickt mit herein. Das Bildmaterial der Tafeln ist
instruktiv und gut ausgewählt, wenngleich in der Regel etwas düster getönt; die Zeichnungen
von Cordier geben sich munter und geschmackvoll. Ein abschließendes Ortsregister
leitet zu empfehlenswerter Praxis über. Helmut Bender
„Kennzeichen Lö" — einmalig im Lande Baden-Württemberg
Also, wem jetzt der Unterricht noch keinen Spaß macht! Da lacht einem aus dem
Schulbuch heraus „unser" Briefträger aus Lörrach an, da schlägt Schmiedemeister Walter
Moll in seiner Werkstatt in Tumringen den Hammer auf glühendes Eisen, präsentiert
Bäckermeister Fritz Sick in einem Korb „frischi Weckli". Beruferaten heißt die Aufgabe,
die den Schülern hier gestellt wird. Man findet sie im Abschnitt „Arbeiten" in einem
ebenso neuen wie neuartigen Schulbuch. „Kennzeichen Lö" heißt es, gedacht für den
Grundschüler in der dritten und vierten Klasse, interessant und informativ aber auch
für andere — sogar für Erwachsene.
Die Idee hatte Hansjörg Noe: Ein Schulbuch für den Sachunterricht in der Grundschule
zu machen, ein echtes „Heimatkundebuch", eines ohne Heimattümelei, eines, das
auch zu einer kritischen Betrachtungsweise anregt. Noe, Konrektor an der Lörracher
Neumattschule, tat sich mit Professor Dr. Jürgen Nebel zusammen, Dozent für Geographie
an der Pädagogischen Hochschule, und fand in Waldemar Lutz einen Verleger,
der sich inzwischen mit seinen sorgfältig aufbereiteten Büchern einen Namen gemacht
hat. Das Ergebnis scheint in der Tat einmalig im Lande: „Kennzeichen Lö" ist das
erste Schulbuch in Baden-Württemberg, das all das, was der Lehrplan für den Sachunterricht
vorschreibt, konsequent auf die heimische Region bezieht und an ihr deutlich
zu machen versucht.
Beispiele? Da läßt man den Junker Hans von Waltheim über seinen Aufenthalt auf
der Burg Rötteln im Jahr 1474 berichten und gibt damit einen Einblick in das „Wohnen"
im Mittelalter. „Besonders haben mir die eindrucksvollen Räume des Burgherrn gefallen.
Wenn es kalt ist, kann hier in einem offenen Kamin Feuer gemacht werden. Die Wände
sind mit Teppichen überzogen, darauf sind Blumen abgebildet und Tiere, die so
lebendig erscheinen, daß man glauben könnte, sie würden jeden Moment fortspringen",
schrieb Junker Hans von Waltheim im 15. Jahrhundert. Lebendiger und anschaulicher
Stoff, ebenso die kurzen Erzählungen von den Steinzeitmenschen am Isteiner Klotz, dem
Römer Marius Quintus aus Augusta Raurica (Kaiseraugst), dem Alemannen-Grafen
Chrodhard, der seine Besitztümer in Binzen, Rümmingen, Tumringen, Wollbach, Haltingen
und Eimeidingen im Jahr 767 dem Abt Fulrad vermachte. Ein Marktfahrer berichtet
von einem (geschäftlichen) Besuch in der kleinen Stadt Schopfheim im 16. Jahrhundert
, ein Isteiner Bürger von den Tagen, in denen der Dompropst jedes Jahr in die
Gemeinde kommt und Gericht abhält. Wie die Menschen heute wohnen, kommt auch
nicht zu kurz, schriller Gegensatz ist der Blick auf eine Barackensiedlung am Rande
von Lima. „Wohnen" ist dieser Abschnitt von „Kennzeichen Lö" überschrieben, der wie
alle anderen auch mit „Projekten" schließt: Hier werden Anregungen und Anleitungen
gegeben zu eigener Erkundung im Ort und zur Gruppenarbeit.
Die Autoren haben dieses neuartige Schulbuch in drei große Bereiche eingeteilt, in Orientierungsrahmen
. „Wir orientieren uns im Heimatmuseum" heißt es da, oder „Wir orientieren
uns über die natürlichen Grundlagen unseres Heimatraums" und „Wir orientieren
uns über Geschichte und Brauchtum". Noch einige Beispiele, die die Besonderheit dieses
Schulbuches verdeutlichen können: Im Abschnitt „Arbeiten" kann jeder mitverfolgen, wie
Schreinermeister Hermann Bauer aus Steinen ein Möbelstück herstellt; im Abschnitt „Sich
erholen" erzählen die Autoren die Geschichte von dem Todtnauer Arzt Dr. Tholus, der
in seiner Gemeinde um die Jahrhundertwende die Schneeschuhe einführte und Todtnau
damit für Skifahrer bekanntgemacht hat; die Feuerwehr von Steinen wird bei einer
Übung beobachtet; in einem Brief aus der Lörracher Kinderklinik berichtet Bettina
ihrer Freundin über Arzt, Krankenhauslehrer und den gesamten Tagesablauf; das Museum
am Burghof in Lörrach wird „erforscht", ebenso das Rathaus; im Abschnitt
„Am Verkehr teilnehmen" werden gar der morgendliche Stau auf der Lücke sowie der
Stundentakt auf der Wiesentalstrecke der Bundesbahn beschrieben.
Durch das ganze Buch wird durchgezogen, was sich die Autoren als Ziel gesetzt haben:
Die Lehrplanziele des Sachunterrichtes durch Beispiele aus der Heimat der Schüler zu ver-
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