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len, und wird demnach dieses alles öffentlich kund gemacht, damit diejenigen, die sich
häuslich niederzulassen gedenken, diese gute Gelegenheit sich zu Nuze machen können
«. Besonders herausgestellt wird noch, daß die Leibeigenschaft und die damit verknüpften
Beschränkungen durch die Stadterhebung Lörrachs für immer abgeschafft seien.
In seinem Bestreben, Lörrach zum Mittelpunkt eines gewerblichen Aufschwungs zu
machen, wozu ihn ständig das Beispiel Basels anspornte, wurde von Wallbrunn also
durch den Markgrafen und seine Administration tatkräftig unterstützt, wie diese behördliche
Werbeschrift anschaulich illustriert.
In den Jahren und Jahrzehnten nach ihrem Erscheinen kam es zu vielerlei Fabrikgründungen
in der Lörracher Region. Aber: »Sei es eine Pulvermühle, sei es eine 'Bändelfabrik
' (durch die Mülhausener Bürger Christoph Kiefer und Heinrich Link im Jahre
1756), sei es eine Lichter- und Seifenfabrik (durch Jakob Ludwig Kißling, 1757), sei es
eine zweite Indiennefabrik (durch die Gebrüder Cellier von Basel, 1759), sei es eine Tabakfabrik
(durch Karl August Süß, 1765), oder sei es eine Walkmühle, immer nehmen
diese Vorhaben den gleichen Gang. Man verspricht sich einen großen Erfolg, gibt Privilegien
, aber von einem längeren Bestehen melden die Akten nichts«.32)
Die wenigsten der gegründeten Fabriken konnten sich also längerfristig am Leben erhalten
. Eine Ausnahme stellt Küpfers Indiennefabrik dar, deren Ursprung allerdings
schon auf das Jahr 1752 zurückgeht.
2.3.2 Sozialpädagogische Intentionen
Welches sind nun mögliche Motive der eben dargestellten merkantilistischen Wirtschaftspolitik
der badischen Regierung? Spielten nur rein wirtschaftliche Gründe eine
Rolle? Ging es nur darum, dem Staat mehr Steuereinnahmen zu verschaffen?
Bei näherem Hinsehen wird man feststellen können, daß eigentlich soziale Motive,
verbunden mit sozialpädagogischen Vorstellungen, mit im Vordergrund standen. Davon
kann aber erst richtig seit dem Beginn der Regierungszeit Karl Friedrichs (1746) gesprochen
werden. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Karl Wilhelm, der noch völlig
selbstherrlich - quasi nach dem Vorbild Ludwig XIV. - regiert haben muß, kann Karl
Friedrich als typischer Vertreter des aufgeklärten Absolutismus gelten. »Dem Kriegsmann
folgte der Volkswirt«.33 Karl Friedrichs humanistische Erziehung, seine Informationsreisen
und Aufenthalte in anderen europäischen Ländern, sowie der Einfluß bedeutender
politischer Berater (bes. Gemmingen und Reinhard), haben ihn zur Grundüberzeugung
gebracht, »daß sein Herrscherberuf nicht nur Rechte, sondern vor allem Pflichten
mit sich bringe«/4' Dennoch war er überzeugter Absolutist. Aber der Staat kann sich
nicht selbst genug sein; sein Hauptzweck besteht darin, »die Wohlfahrt seiner Untertanen
zu befördern.«3" Die Sorge für das Wohlergehen der Untertanen ist das Leitmotiv
aller wirtschaftspolitischen Überlegungen. Das Wohl des Fürsten sei untrennbar von
dem des eigenen Staates, gab er selbst in vielen seiner Reden zu verstehen und Rotteck
schilderte ihn einmal so: »Ihm war der Staat eine große Familie und er ihr allgemeiner
Vater« .36 Auf die »materielle und geistige Hebung seiner Untertanen«371 kam es ihm an,
woraus ersichtlich wird, wie stark seine theoretischen Grundüberzeugungen, welche
sich in seinen konkreten politischen Aktionen widerspiegelten, durch vielerlei Ideen der
Aufklärung geprägt worden sind.
Eine Verbesserung der Lebensverhältnisse erhoffte man sich besonders von der Industrialisierung
und der von ihr ausgehenden erzieherischen Wirkung, von welcher die politisch
Verantwortlichen der damaligen Zeit fest überzeugt waren. Denn es wurde ernsthaft
angenommen, daß die fortschreitende Industrialisierung allmählich einen besseren
Menschen hervorbringen würde.
In solchen Gedankengängen wird ein grenzenloser pädagogischer Optimismus und
Idealismus sichtbar, welcher sich in verschiedenen volkspädagogischen Zielen und Maßnahmen
manifestierte.
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