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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
43.1981, Heft 2.1981
Seite: 207
(PDF, 36 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-02/0029
Der gute Geschäftsgang des Unternehmens wird erstmals wieder in den Jahren 1827/
28 durch eine internationale Industrie- und Bankenkrise empfindlich gestört, was sich
auch in der Beschäftigtenzahl widerspiegelt, welche sich von ca. 1200-1300 Mitte der
zwanziger Jahre auf 988 (s. oben) im Jahre 1828 reduziert. Wenig später, ab 1830, sind es
politische Folgeereignisse im Zuge der Pariser Julirevolution, die sich sehr negativ auf die
wirtschaftliche Weiterentwicklung der Firma Koechlin auswirken. Unruhen in verschiedenen
europäischen Staaten sorgen für erhebliche Absatzprobleme und damit natürlich
für einen zeitweisen Rückgang des Umsatzes. In diesem Zusammenhang ist in einem Geschäftsbrief
vom 15. 1.1831 an einen Vertreter zu lesen: »Der Verkauf liegt sehr darnieder
. Es ist die abscheuliche billige Konkurrenz, die uns den Boden unter den Füßen wegzieht
... «10C). Infolge der Unruhen haben mehrere europäische Staaten ihre Zollsätze drastisch
erhöht, während Baden und die anderen deutschen Länder, welche noch kein einheitliches
Wirtschaftsgebiet darstellten, solchen Maßnahmen noch nicht adäquat begegnen
können. In diesem Briefauszug scheint schon, wenn auch unausgesprochen, der
Wunsch nach einem gemeinsamen Markt und nach mehr Sicherheit gegenüber anderen
Staaten anzuklingen, und vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, daß die
Koechlins später heftige Befürworter des Beitritts Badens zum deutschen Zollverein sind
(vgl. Kap. 4.5).

Wohl vor allem aus Gründen der größeren Effizienz entschließen sich die Teilhaber
1831, das Riesenunternehmen aufzuteilen. Die zentrale Leitung, Steuerung und Organisation
der Teilbetriebe von Mülhausen aus hat sich als zunehmend problematischer erwiesen
. Sicher wurde die notwendige Koordination zwischen ihnen und dem Stammhaus
auch durch die politischen Wirren dieser Jahre erheblich gestört. Hinzu kommt,
daß das zur Führung eines solchen komplexen Gebildes erforderliche Kommunikationssystem
noch bei weitem nicht auf die Anzahl und Vielfalt verschiedener Medien zurückgreifen
konnte, wie sie heute bekannt sind.

Nach der Aufteilung übernehmen die Gebrüder Pierre und Edouard das Lörracher
Unternehmen samt der Filialen und führen es als Mieter, jetzt weitgehend unabhängig
vom Stammhaus trotz weiterbestehender finanzieller Verbindungen, in den nächsten
Jahren erfolgreich weiter. Nach einem Zirkular vom September 1831 wollen sie ihre
»möglichste Sorgfalt der Fabrication gedruckter Zitze und Cattune widmen«.101) Die
Firma läuft in den nächsten Jahren unter der Bezeichnung 'Pierre & Edouard Koechlin',
wird aber schon im Jahre 1836 nach dem Anschluß Badens an den Zollverein umgewandelt
in den deutschen Firmennamen 'Peter Koechlin & Söhne', welchen das Unternehmen
bis 1857 trägt.

An dem ersten boomartigen Aufschwung der badischen Industrie nach der Zollvereinsgründung
von 1836 bis ca. 1847lu2 partizipiert auch die Lörracher Fabrik. Dies ist
wiederum auch an der Zahl der Beschäftigten abzulesen, welche im Jahre 1828 noch 988,
im Jahre 1837 aber schon 1701 beträgt. (Die Zahlen beinhalten jeweils auch die Arbeiter
in den Filialen.) Von den insgesamt 1701 Beschäftigten sind 786 Männer, 833 Frauen und
82 Kinder.1=3;

Nach einem Bericht des Hauptzollamtes Schusterinsel aus dem Jahre 1837 hatte die
Produktion 1836 einen Wert von 800.000 Gulden, wobei der Jahresgewinn mit etwa
10 % von dieser Summe angegeben wird. Fast emphatisch wird im selben Bericht außerdem
verkündet: »Das Niederwerfen der Zollschranken in Deutschland hat ein Aufblühen
dieser Fabrike hervorgebracht, das weit auch die kühnsten Erwartungen übersteigt-
die Production hat sich beinahe verdoppelt und der Absatz ist schnell und sicher«. Geliefert
wurde bereits zu diesem Zeitpunkt in alle Welt, denn der Firma wird vom Zollamt
»Absatz nach dem Orient und dem Occident« bescheinigt.104^

Wiederum sind es politische Ereignisse von europäischem Ausmaß, welche Ende der
vierziger Jahre auch den Lörracher Raum mit seiner bedeutendsten Fabrik erschüttern.
Insbesondere kommt es auch in Baden im Gefolge der Revolution von 1848 zu mehreren
Aufständen, welche insgesamt die Wirtschaft der noch jungen badischen Industrie

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