http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-02/0041
- männlichen Akkordarbeitern 48 Kr. - 1 Gld.
- weiblichen Arbeitskräften 30 Kr. - 42 Kr.
- Mädchen zwischen 16 u. 20 Jahren 22 Kr. - 28 Kr.
- Kindern unter 16 Jahren 16 Kr. - 18 Kr.
(gemeint ist jeweils der Tageslohn !),39)
Für die Firma Koechlin liegen für das Jahr 1848 — einem Krisenjahr - folgende Angaben
vor:
- Drucker und Modelstecher 50 Kr. - 1 fl. 5 Kr.
- gewöhnliche Tagelöhner 30 Kr. - 40 Kr.
- Arbeiterinnen 25 Kr. - 35 Kr.160)
(Kreuzer und Gulden: 60 Kreuzer waren 1 Gulden (fl.). Bei der Einführung der Mark-
Währung im Jahre 1875 Jan. 1. galt der Gulden Mk. 1.71.-Anm. d. Redaktion)
Alle diese Daten sagen natürlich nichts über den realen Wen des verdienten Geldes
aus. Daß die Löhne aber noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts äußerst niedrig gewesen
sein müssen, kann am Beispiel des Brotpreises verdeutlicht werden: 1853 mußten im
Wiesental für 4 Pfund Schwarzbrot 25-26 Kr. bezahlt werden. Dieser Preis entsprach in
etwa dem Tagesverdienst einer erwachsenen Textilarbeiterin.161, Vor diesem Hintergrund
wird deutlich, daß ein Verdienst in der Familie nur in den seltensten Fällen zur Ernährung
aller Familienmitglieder ausreichte. Noch in relativ günstiger Lage befand sich
jene Familie, der zusätzlich noch ein Stück Land zur Bewirtschaftung zur Verfügung
stand. Aber die völlig besitzlose Familie sah sich in den meisten Fällen gezwungen, ihre
gesamte Arbeitskraft, einschließlich jener der Frau und der Kinder, der Fabrik zur Verfügung
zu stellen, um sich zumindest ein bescheidenes Existenzminimum zu sichern.
Fischer vermutet, daß in der Frühzeit der Industrialisierung etwa 70 % des Lohnes für
Nahrungsmittel eingesetzt werden mußten1621, ein weiterer Teil hatte bei vielen die Miete
abzudecken, so daß für die Befriedigung anderer Grundbedürfnisse kaum etwas übrig
blieb.
Die Nahrung der Haagener Arbeiterschaft bestand morgens vielfach aus 'Zichorie -
Malzkaffee' und 'Grundbire-Brägel'163', mittags gab es an Werktagen fast nie Fleisch,
höchstens hin und wieder Speck im Sauerkraut. Nur am Sonntag stand mitunter eine
Fleischsuppe auf dem Speisezettel.164^
Die von Not und Entbehrung gekennzeichneten Lebensverhältnisse großer Teile der
Arbeiterschaft erfuhren im Verlauf des gesamten 19. Jahrhunderts noch keine entscheidende
Wendung zum besseren hin.
5.3 Kinderarbeit und Fabrikschulen
Der folgenden Darstellung soll nochmals vorausgeschickt werden, daß die industrielle
Arbeit von Kindern in Fabriken oder zu Hause in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts und
wohl auch noch lange Zeit im 19. Jahrhundert als Segen und als willkommene Möglichkeit
galt, sie von unsolidem Lebenswandel abzuhalten. Auf diese Weise schien das Betteln
und Herumstreunen spürbar eingedämmt werden zu können. Kinderarbeit war einerseits
als pädagogisches Mittel gedacht, andererseits als Möglichkeit, sich den Lebensunterhalt
schon früh selbst zu verdienen und die zumeist armen Eltern zu unterstützen.
Soll dieser sicherlich »leidvollste Gegenstand der Industrie«165' einigermaßen gerecht beurteilt
werden, müssen diese hier nur kurz skizzierten Aspekte mitbedacht werden.
Bereits in der frühindustriellen Phase wurden Kinder voll im Produktionsprozeß eingesetzt
.1661 Küpfer und besonders Gaupp wollten auf sie als notwendige und billige Arbeitskräfte
nicht verzichten (vgl. Kap. 3). Genauso alt wie die Kinderarbeit selbst - aller-
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