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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
43.1981, Heft 2.1981
Seite: 326
(PDF, 36 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-02/0148
»Wenn die Hexen auf dem Kandel zusammenkommen, so ist es eine große Festnacht;
dann fliegen einige hundert von allen Seiten herbei, die meisten auf gesalbten Stöckchen,
einzelne aber auch in Gutschen, die mit Schimmeln bespannt sind. Man hat auch Züge
von vier Katzen und vor dem Wagen eine halbe Laterne gesehen.«

Die Fortsetzung stammt von Ursula Münzer, einem dreizehnjährigen Mädchen aus
Lehen, deren »Fall« lange die Freiburger Gerichte beschäftigt hatte: Sie war bei der Feldarbeit
von einem »Hänslin« bedroht und mißbraucht worden und scheint das infolge ihrer
Jugend nicht gesunden Geistes überstanden zu haben. Und so war es also nicht
schwer gewesen, das übliche Geständnis von ihr zu erhalten, vom bösen Geist verführt
worden zu sein und Hexerei getrieben zu haben. Bei der Ausführlichkeit ihrer Schilderungen
und auch der Leichtfertigkeit, mit der sie (gewiß ohne Folteranwendung) andere
Namen nannte, ist nicht daran zu zweifeln, daß sie - ahnungslos hinsichtlich der Folgen!
- mit kindlicher Fabulierlust versehen hat, was sie am Rande des Geschehens während
der anderen Prozesse so mitbekommen hatte: »Ehe die Hexen abfahren, rufen sie aus: 'in
tausend Teufels Namen'; auf der Fahrt ist ihnen verboten zu reden, sogar wenn der böse
Geist selbst bei ihnen sitzt. Jungfrauen, welche in der Gesellschaft zum ersten Mal erscheinen
, werden ausgezeichnet. Man weist ihnen den Ehrenplatz an und setzt ihnen ein
Kränzchen auf; der böse Geist begibt sich sogleich zu ihnen und versichert sie, daß sie
ihm am liebsten sind.«

Die Lehenerin Frau Agatha Schächer brachte einen interessanten Aspekt in die Sage
ein:

»Alte häßliche Weiber werden auch in diesen Versammlungen über die Achseln angesehen
, sie gelten nicht viel.« Und mehrere der Angeklagten ergänzten:
»Das ihnen angewiesene Geschäft ist, Lichtstöcke zu sein und Teller zu fegen.«

Dergleichen Behauptungen sind nicht ohne psychologische Begleiterscheinungen geblieben
; so haben sich die älteren Frauen bemüht, die Aussagen jüngerer zu ergänzen, indem
sie sich, wenn ein solcher Ausdruck in diesem Zusammenhang überhaupt gestattet
ist (Schreiber benutzt ihn), über die jungen ein wenig lustig machten: »Weinbolts Frau
berichtete im Zusammenhang mit den Aussagen der jungen Ursula über ein Hexentreffen
auf dem Kandel: 'Doch lassen sie (die Alten) mitunter auch die Jungen das Ubergewicht
ihrer größeren Einsicht fühlen und schelten sie junge unerfahrene Hexen, die noch
nichts wissen... Oft sitzen sie (die Alten) stundenlang neben dem jungen Volke, von welchem
sie nicht bemerkt werden, weil sie sich in Nebel zu hüllen verstehen.'« Frau Schächer
berichtete von den üppigen Hexenmahlzeiten, wie sie in vielen Protokollen vorkommen
und bei denen stets Salz und Brot fehlt - als geweihte Nahrung offenbar an so
unheiligen Orten nicht erlaubt:

»Die Tische sind mit Braten und gehackten Pasteten, mit Fischen und Wildbret auf das
reichlichste besetzt, nur Salz und Brot fehlt; dagegen findet sich weißer und roter Wein
im Uberfluß und wird bald aus silbernen und goldenen Bechern, bald aus kleinen Krügen
getrunken, wie sie in den Haushalten üblich sind.« Auch wenn von den »Buhlen« die
Rede war - die »Teufelsbuhlschaft« stand ja, neben dem Schadenszauber, im Mittelpunkt
aller Prozesse - ähnelten sich die (widerwärtigen) Details; denn es waren ja die
Hexenrichter, die den Angeklagten die Texte, die sie hören wollen, in den Mund legten.
(Oft stammten sie aus dem erwähnten Hexenhammer). Hämmerlin heißen die Buhlen,
Peterlin, oder auch »der Grüne«. Frau Schächer und ihre Mitangeklagten haben unter
der Folter berichtet:

»Jede Hexe hat ihren Buhlen zur Seite, mit dem sie sich nach Belieben unterhält; im
ganzen herrscht Stille, bis der Tanz seinen Anfang nimmt. Dann aber wird getrommelt
und gepfiffen und auch auf anderen Instrumenten, namentlich Geigen, musiziert; vorzüglich
geschickt als Spielmann ist der Schultheiß von Niederwinden, er nimmt vom
nächsten Zaun irgendeine Rute und pfeift darauf die muntersten Tänze.«

Im Jahre 1595 war ein »Hans Schultheiß von Niederwinden zu Waldkirch (der) Zauberei
wegen verbrannt«. Es ist aus der Ubereinstimmung der Namen ersichtlich, daß die

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