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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
43.1981, Heft 2.1981
Seite: 330
(PDF, 36 MB)
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rechtigkeit entziehen zu wollen. Sie konnten nur noch die »Gnade« erreichen, daß ihre
armseligen Schützlinge, statt lebendig verbrannt, vorher mit dem Schwert »vom Leben
zu Tode gerichtet« würden.

Wenn der Richter die nötigen vorläufigen Indizien beisammen hatte, eröffnete er den
Prozeß. Es wurden die berüchtigten Hexenproben praktiziert; starben die Frauen, waren
das Schuldbeweise. Uberlebten sie, unterstellte man ihnen den Beistand des Satans...

In den Verließen, über deren Beschaffenheit es furchtbare Schilderungen gibt, - sowohl
räumlich, als auch hinsichtlich der Hygiene - warteten die Bedauernswerten lange
und angstvoll, abgeschlossen von der Außenwelt, körperlich und seelisch mißhandelt,
auf den fürchterlichen Richterspruch. Doch mit der Urteilverkündung war das Elend
noch nicht zu Ende. Unendlich variationsreich waren die Qualen, die das Publikum den
Verurteilten auf dem Weg zur Richtstätte noch antun konnte; und so war's eine große
Strafmilderung, wenn der Schinderkarren ohne Öffentlichkeit und Umwege zur Richtstätte
gefahren wurde...

Das Ende des Wahns

Ärzte, Juristen, Politiker und Geistliche begannen mit der Zeit, diese Prozesse zu bekämpfen
. Lang ist die Liste derer, die eine solche Haltung selbst mit dem Leben bezahlen
mußten. Schon 1533 hatte der schwäbische Reformator Johann Brenz in seinen liebevollen
Kinderpredigten verkündet, »daß es nichts mit der Zauberei ist, sondern ist eitel Betrug
und Lügen... Es ist nichts anderes, denn daß man Gottes Namen mißbraucht, in
mancherlei Aberglauben fällt und einer dem anderen verdächtig wird.«

Nicht Martin Luther, nicht Calvin noch Zwingli haben etwas gegen den Wahn unternommen
, dem sie zum Teil selbst verfallen waren. Erasmus von Rotterdam hingegen,
durchaus an Hexen glaubend, wurde zum Prediger der Toleranz. Einer der Schlüsselfiguren
im frühen Kampf gegen den Hexenwahn wurde im sechzehnten Jahrhunden der
Arzt Johannes Weyer; er hat in einem vielbeachteten Buch gegen Widersinn und Fanatismus
die gewagte Ansicht vertreten, daß der Satan die Hexenprozesse dazu benutze, um
blutige Schmach über die Christenheit zu bringen. Sein ebenfalls mutiger Lehrer Cornelius
Agnppa von Nettesheim wurde wegen eines Werkes gegen den Hexenwahn eingekerkert
. 1631 erschien ein Buch des schon erwähnten Jesuitenpaters und Barockdichters
Friedrich von Spee; als Beichtvater in Hexen verließen hat er den Umfang des Grauens
beurteilen können und die Ausweglosigkeit der übermenschlich Leidenden: »Ich schäme
mich für Deutschland«, schrieb er; denn in dieser seiner Heimat waren die Hexenverfolgungen
am zahlreichsten, haben am längsten gedauert. »Dies Rösten, Sengen und
Brennen hat in unserem lieben Vaterland so überhand genommen, daß wir der deutschen
Ehre im Ausland in nicht geringem Maße Abbruch getan haben«. Als letztlich erfolgreichster
Anwalt der Hexen konnte der in Leipzig geborene Jurist Professor Christian
Thomasius wirken. Gemaßregelt in seiner Heimatstadt, fand er 1690 Asyl an jenem Hof,
der unter seinem Einfluß als erster in Deutschland die Folter abschaffte, am Hof des
Preußenkönigs. Er habe, so sagte später Friedrich der Große, »den Weibern zum ruhigen
Altwerden verholfen«.

In unserer Gegend aber sind diese Stimmen niemals wirksam geworden. Als im sechzehnten
Jahrhundert z. B. die Bräunlinger Stadtväter unsicher geworden waren, ob die
schrecklichen Prozesse rechtens seien, bekamen sie ein - böses! - Gutachten, das Heinrich
Schreiber teilweise überliefert hat: »Obwohl Etliche vermeinen, daß die Zauberer
und Zauberinnen insofern sie nur Gott und die Heiligen verleugnen und dem bösen
Geist sich bekennen, mit demselben sich vermischen, auch zu Tänzen fahren, usw., am
Leib und Leben nicht zu strafen seien, so irren dieselben doch sehr. Denn Gott den Allmächtigen
verleugnen und mit dem bösen Geiste sich vermischen, eine erschrecklichere
und abscheulichere Sünde ist, als Menschen oder Vieh umbringen. Sollten nun diejeni-

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