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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
43.1981, Heft 2.1981
Seite: 331
(PDF, 36 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1981-02/0153
gen, die durch Zauberei den Leuten Schaden getan, vom Leben zum Tode und zwar mit
dem Feuer hingerichtet werden, so ist es auch der Vernunft gemäß, daß diejenigen, so
sich Gott und der Heiligen entschlagen usw., wo nicht mit dem Feuer, so doch mit dem
Schwert hingerichtet werden - wie auch ausdrücklich alle katholischen Doctores und
Rechtserfahrene... lehren. So viel von den Hexen Hab und Gut anlangt, ist selbiges, wie
an vielen und fast allen österreichischen Orten von altem Herkommen, der Obrigkeit
verfallen.*

Und so behielt im Gebiet des Oberrheins der »Hexenhammer« noch lange seine Gültigkeit
. Nur während des halben Jahres, als die Ortenau von den Schweden besetzt war,
deren Generäle die Prozesse verboten hatten, ließ man zwangsläufig die Frauen in Ruhe;
doch nach dem Abzug der Truppen 1628 begann das Wüten von neuem. Endgültig kam
hier der Wahn auf andere, recht merkwürdige Weise zum Abklingen: Im Jahre 1629
schaffte es die achtzigjährige Gotter-Neuß, was - den Protokollen zufolge - dort nie ein
männlicher Angeklagter geschafft hatte: Sie wiederstand den furchtbaren Torturen und
unternahm es, trotz ihres zerstörten Körpers, jedes erfolterte Geständnis zu widerrufen.
Der Offenburger Rat war höchst verlegen. Zwar waren auch früher Frauen ohne Geständnis
auf der Folter gestorben, doch schien man es bei der alten Frau nicht zum äußersten
treiben zu wollen. Nach manchem Hin und Her entließ man sie, und in den Akten
steht zu lesen: »Mit dem Hexenfangen soll man einhalten bis Weihnachten nachher.«
Nun war ein Präzedenz/^// geschaffen, der offenbar seine Wirkung auf die Bevölkerung
nicht verfehlte und ein neues Bewußtsein schuf: Man begann zu ahnen, daß es unter den
Verhafteten Unschuldige zu geben schien. Und so hielten im folgenden Februar drei
weitere Frauen durch - und wurden entlassen. Zumindest in der Ortenau war damit das
Ende des Elends eingeleitet worden.

In Wien schaffte - nach mildernden Prozeßordnungen durch Maria Theresia - Joseph
II. die Folter im Jahre 1787 endgültig ab.

In Baden erschien im Jahre 1828 ein neues Strafgesetzbuch, darin die Folter nicht mehr
vorkam; doch Markgraf Karl Friedrich hatte sie auch vorher schon nicht mehr anwenden
lassen.

Die Ausbreitung des Hexenwahns hatte sich nach Zeiten und Ländern unterschiedlich
vollzogen. Daß die Hexenrichter in der zu österreichischen Erblanden gehörenden
Oberrheingegend länger aktiv blieben als andernorts, kann im Hinblick auf die am »Hexenhammer
« orientierten Gutachten angesehener Juristen nicht verwundern. Im
Reichsstift Marchtal in Württemberg wurden noch 1747 sechs Frauen hingerichtet; in
Endingen brannte 1751 der letzte Scheiterhaufen. Der letzte Prozeß Europas fand im
Schweizer Kanton Glarus statt: ein Kindermädchen, die Anna Göldi, war angeklagt
worden, dem ihm anvertrauten Kind Schaden zugefügt zu haben; die Verzweifelte mußte
noch im Jahre 1782 wegen eines solchen Verbrechens sterben.

Franz Volk beendete die Vorrede zu seiner düsteren Arbeit mit einer Feststellung, die
in gewisser Weise jeder Geschichtsbewußte, der nur eines dieser alten Protokolle nachliest
und sich nur eine der Torturen zu vergegenwärtigen bereit ist, gern unterschreiben
wird: »So weit es mir in das Leben jener Zeit einzudringen gelang, fand ich unsere Fehler
und Leidenschaften in noch höherem Maße und in viel abstoßenderer Form der Roheit.
Die Vorzüge der guten alten Zeit vermag ich nimmer neidisch zu bewundern, mit unseren
Tagen fühl ich mich tief versöhnt.«

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