http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1982-01/0148
Wenn die Welt nur Materie wäre, dann wäre die Kunst eine Anomalie, ihre Gegenwart
unbegreiflich und unverständlich. Aber seit der Mensch das erste Geheimnis erlebte und
sich dessen bewußt wurde, Geburt, Tod, Wachsen und Vergehen, Glück, Angst, seither
hat sich der Mensch auch künstlerisch zu ändern versucht, er beginnt zu gestalten, zu
formen, zu bilden.«
In diesen Worten, die wir im Nachhinein fast wie ein Vermächtnis begreifen, spüren
wir den Grundgedanken, der sich wie ein roter Faden durch das Werk und Leben Richard
Bampis zieht. Sie sind gleichsam der geistige und ideelle, um nicht zu sagen ethische
Hintergrund seines jahrzehntelangen Schaffens gewesen.
Der hohe Anspruch, den Bampi an sich selbst und an sein künstlerisches Tun stellte,
muß auch ein Anspruch an uns sein, wenn wir uns mit seinem Werk auseinandersetzen
wollen oder mit seinen Vasen, Schalen und Bildern im Alltag umgeben.
Alles im Leben Richard Bampis verlief, wenn man das bürgerlich gesättigte Leben als
Norm zugrunde legt, ungewöhnlich. Der Sohn eines italienischen Vaters und einer deutschen
Mutter wurde am 16. Juni 1896 in Amparo im Staate Säo Paulo in Brasilien geboren
. Der Vater, ein Tiefbauunternehmer, stammte aus Trentino, nördlich des Gardasees.
1902 zog die Familie nach Deutschland. In dem vom Vater in Rheinfelden errichteten
Haus (heute Klinik Dr. Dieterich) verbrachte Richard seine Jugendjahre. Seit 1906 besuchte
er das humanistische Gymnasium in Lörrach (bis 1912) und machte 1914 in Karlsruhe
sein Abitur.
Bampi will nun Bildhauer werden. Aber der Krieg 1914 riß den jungen Menschen zunächst
in Erlebnisse und Ereignisse, die ihn im Innersten aufwühlten. Die Monate der
Schlacht um Verdun gaben seinem Leben auf Jahre hinaus eine bestimmende Richtung.
Eine Richtung, die mit den restaurativen Tendenzen des Bürgertums der Nachkriegszeit
in Konflikt kommen mußte. Vor Verdun wird Bampi auch verwundet.
Wie sehr er sich mit dem Geschehen seiner Zeit auseinandersetzt und wie er versucht,
seinen eigenen Standpunkt darin zu finden, davon zeugen zahlreiche Gedichte und Tagebucheinträge
, so auch dieses von 1916:
»Sturm blasen die Trompeten
»Sturm hallt es wider,
»Sturm rasen die Soldaten,
»Sturm blitzen die Bayonette
............(um dann zu schließen:)
»Und Kinder staunend fragen: »Warum?«
Es war die Zeit, in der am 1. Juni 1916 sein Bruder fiel, und dem er 1918 das Gedicht
»Bruder - Du - « widmet, eine bittere Anklage an das sinnlose Sterben in den Materialschlachten
Frankreichs.
1917 tritt Bampi als 21 jähriger erstmals in die Öffentlichkeit mit gedruckten Holzschnitten
, die zunächst in der Zeitschrift »Aktion« erscheinen, dann aber auch mit
Zeichnungen im gleichen Jahr in Erfurt ausgestellt werden. Der veranstaltende Kunstverein
zeichnete sich durch besondere Aufgeschlossenheit für moderne Kunst aus, die
der expressionistischen, z.T. surrealistischen Kunstauffassung Bampis sehr entgegenkam
. In der von Bampi mitherausgegebenen Kunstzeitschrift »Orkan« lesen wir darüber
folgende bezeichnende Notiz: »Der Kunstverein hatte vor einigen Monaten den Mut,
Arbeiten von Richard Bampi auszustellen. Ein Gebäude mit Urväterhausrat vollgestopft
, zwei Säle tandaradeiender Schwächlinge, der letzte Saal: Richard Bampi mit Plastiken
, Zeichnungen, Gemälden. Vergangenheit und jene vorgeblichen Repräsentanten
der Gegenwart wurden totgeschlagen. Die Bürger jener mitteldeutschen Stadt erwachten
aus der harmlosesten aller Betäubungen: dem genügsamen Hindämmern über verschwommene
Erinnerungen an angeblich gewesene Zustände und Tatsachen. Jener
Kunstverein-Vorstand bewies Mut und Verstand.«
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