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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
44.1982, Heft 1.1982
Seite: 152
(PDF, 29 MB)
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und dabei selbst den menschlichen Körper in mathematische Verhältnisse zerlegten. Tagebuchblätter
aus den 40er Jahren zeigen, wie intensiv Bampi sich mit diesem Thema
auseinandersetzte.

Das vorperspektivische Zeitalter war eine Welt der Kollektivität, der anonymen Gestaltung
; sie war irrational; aber dabei leugnet Bampi nicht diese notwendige Durchgangsstufe
für Kunst und Wissenschaft mit der Entdeckung mathematischer Gesetzlichkeiten
und damit der eigentlichen Erschließung des Raumes. Wie sehr uns diese zentralperspektivischen
Gesetze in Fleisch und Blut übergegangen sind, zeigt schon die Tatsache
, daß wir so viel Mühe haben für das Verständnis jener Kunst, die diese Perspektive
wieder aufgibt, ja um der Kunst willen aufgeben muß.

Bampi erinnert immer wieder daran, daß alles Technische zentriert ist, alles Lebendige
, Organische aber unzentriert, alogisch und arational ist und führt das Beispiel des
Zellkerns an, der niemals in der Mitte der Zelle sitzt. In dieser Überlegung sieht Bampi
den Grundcharakter der geistigen künstlerischen Bewegung, die hinter der Formentwicklung
unserer Zeit steht.

Diese Auseinandersetzung Bampis mit der Formentwicklung führt ihn bis zu Piatos
Vorstellungen, der die Form als das Wesen der Dinge, als Idee verstand. Eidos - die Idee
- ist aber das, als was sich ein Ding zeigt, d. h. sein Aussehen in unserer Welt und mit unserer
Erfahrung.

Diese vielleicht da und dort bestrittene Deutung, was das Wesen eines Dinges sei, hat
aber für Bampi im Bereich der Kunst uneingeschränkte Gültigkeit. Das Kunstwerk - so
sagt er - begegnet uns immer als Ding, das sich uns jeweils so oder so zeigt, nämlich mit
den Augen als Bild, mit den Ohren als Musik, mit dem Tastgefühl als Materie.

Es geht um viele Dinge bei der Formgestaltung, sofern man bewußt oder unbewußt
arbeitet. Unbewußtes Arbeiten führt eines Tages zum bewußten Arbeiten, bewußtes Arbeiten
zur Kritik, Kritik aber führt allmählich zur Unterscheidung von gut und schlecht,
von echt und falsch. Damit wird das künstlerische Schaffen auch zu einer Frage der
Ethik.

Ob aber eine keramische Form oder überhaupt Keramik gut oder schlecht ist, entscheidet
nicht allein die Art und Weise, wie ich die Keramik verstandesmäßig erfasse,
sondern welche Bezirke der menschlichen Seele von diesem sinnlichen Eindruck in
Schwingung versetzt werden. Das keramische Gefäß, der Krug, die Schale ist wesentlicher
für unser Weltgefühl als z.B. die Form eines Autos, das nur den Gesetzen der
Stromlinie zu gehorchen hat. Denn das keramische Werk hat etwas zu gestalten, das »für
unser in-der-Welt-sein« entscheidend ist: den Raum.

Daraus folgert Bampi weiter, daß die Kunst der Keramik diejenige ist, deren Wesentliches
und Entscheidendes die Erfassung des Raumes, also des eingegrenzten, des eingehüllten
Raumes einerseits und des sich öffnenden und verströmenden Raumes andererseits
ist. Was die moderne Plastik tastend versucht, ist von jeher die Aufgabe der Keramik
als Kunst gewesen, nämlich den Raum als das »Einräumende« zu gestalten.

So bleibt Bampi auf der Suche nach der Urform des Lebendigen nicht stehen bei der
bloßen Nachahmung der Natur selbst, denn alles schöpferische Erleben und Gestalten
soll das Signum tragen, daß der Mensch gestaltet, damit sein Werk in der Welt sei als ein
lebendiges Ding, in dem und mit dem er lebt und leben kann. In langen Gesprächen hat
Bampi solche Gedanken auch mit seinem Freund Bizer erörtert.

Kunst ist so für Bampi mehr als ein Naturding wie etwa eine Schale, in die man Äpfel
legt, oder ein Krug, in den man Wein gießt; denn dies kann man auch in einen ausgehöhlten
Kürbis oder eine Kokosnußschale, sondern weil man in dem keramischen Gefäß ein
Sich-Öffnen, ein Aufnehmen und ein In-sich-haben und Wiedergeben gestaltet, das so
oder nur so einer Welt zugehörig ist, in der wir leben.

Deshalb sind Bampis Glasuren auch keine Schmuckglasuren, keine Dekors mehr,
sondern eben zur Form gehörige und aus ihr strömende Wesenselemente des keramischen
Kunstwerks.

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