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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
44.1982, Heft 2.1982
Seite: 6
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verstanden werden. Von daher gesehen ist die bloße Einstufung der französischen Nachkriegspolitik
als »föderalistisch« oder als »radikal föderalistisch« doch um Grade zu ausdrucksschwach15
.

Wenn Frankreich von allen Besatzungsmächten »am nachdrücklichsten und auch am
radikalsten die Föderalisierung Deutschlands« gefordert hat16, so ist es in dieser Haltung
durch die Tatsache bestärkt worden, daß es »in Deutschland mit autonomistischen und
separatistischen Bewegungen« rechnen konnte, die zumindest in Süddeutschland vorhanden
waren und » während der ersten Besatzungsphase die französischen Hoffnungen
zu rechtfertigen schienen«1'. Ohne nur mehr als höchst pauschal auf diesen Sachverhalt
einzugehen, findet diese Aussage eine augenscheinliche Unterstützung in der Tatsache,
daß im Januar 1946 das stark umstrittene Werk des Konstanzer Juristen und Archivars
Otto Feger mit dem Titel »Schwäbisch-alemannische Demokratie. Aufruf und Programm
« erschienen ist. Es wurde in einer für die papierknappe Zeit ungewöhnlich hohen
Auflage von über 200 000 Exemplaren, man sprach sogar von 250 000 Exemplaren, verlegt
. Feger ist in seinem Buch von der historischen Schuld Preußens ausgegangen und hat
die Bildung eines selbständigen Staates im schwäbisch-alemannischen Raum nach dem
Muster der Schweiz unter Loslösung vom Reich vertreten, das er mit dem Zusammenbruch
des Jahres 1945 staatsrechtlich als erledigt betrachtete. Solche separatistischen
Strömungen sind den französischen Erwartungen entgegengekommen, und deshalb hat
man sich im französischen Besatzungsgebiet nicht allein damit begnügt, »die Zone in
Länder aufzuteilen, sondern schuf gleichzeitig auch die Voraussetzungen dafür, daß zumindest
in der frühesten Besatzungszeit jeder Separatismus eine günstige Entwicklungsmöglichkeit
vorfand«18.

Trotz allem aber sollte dieser Sachverhalt nun doch nicht überbewertet werden. Es ist
zwar gut zu vermuten, daß Frankreich tatsächlich »auf autonomistische und separatistische
Umtriebe in seiner Besatzungszone« gebaut hat, letztlich sind aber diese Bewegungen
»trotz französischer Unterstützung von geringer Bedeutung« geblieben19. Im Vordergrund
stand für Frankreich nämlich nicht die Orientierung an lokalen oder regionalen
Strömungen, sondern die Orientierung an den politischen Leitlinien der Großmächte
. Von dorther hat es für sich die notwendigen Beurteilungskriterien bezogen, mit denen
die Grenzen des eigenen Handlungsspielraums abgesteckt worden sind, nicht ohne
dabei nach den günstigsten Möglichkeiten Ausschau zu halten. In diesen Rahmen hat
Frankreich dann wiederum all diejenigen Faktoren eingebaut, die sich in den besetzten
Gebieten am besten für seine eigenen Ziele im Rahmen der erkannten Grenzen haben
verwerten lassen. Zu diesen Faktoren mag eine Zeit lang lokaler oder regionaler Separatismus
gezählt haben, der dann gewiß nicht um seiner selbst, sondern allein um der französischen
Interessen willen unterstützt worden ist.

Eine starke Reglementierung der besetzten Gebiete ist also nicht zu übersehen. Die
Hauptgründe lagen, wie schon erwähnt, im Bereich eigener Sicherheitsinteressen, der eigenen
Machtpolitik und nicht zuletzt in dem, was gemeinhin mit dem Wort »Vergeltung
« bezeichnet wird. Im Interesse dieser Ziele hat die französische Politik bis etwa
zum Frühjahr 1947 eher separatistische als föderalistische Züge getragen. Von daher läßt
es sich dann auch gut erklären, warum in den Gebieten der französisch besetzten Zone
der demokratische Neuaufbau erst sehr viel später als in der amerikanischen oder in der
britischen Zone begonnen, ja überhaupt am spätesten eingesetzt hat.

Nachdem dann aber der Weg der demokratischen Neu- bzw. Wiederbelebung einmal
eingeschlagen war, ließ die französische Besatzungsmacht keinen Zweifel daran, wie dieser
Weg auszusehen hatte. In einem Interview am 11. September 1946 hat der oberste Befehlshaber
, General Koenig, erklärt, daß es die feste Absicht Frankreichs sei, »seine Besatzungstruppen
nicht eher aus Deutschland zurückzuziehen, bevor nicht volle Sicherheit
dafür gegeben sei, daß die demokratischen Ideen im deutschen Volke verankert« seien
. Dreißig bis vierzig Jahre müßten erst noch vergehen - so sagte der General -, bis die
Deutschen das Wesen der Demokratie in sich aufgenommen haben würden. Von der de-

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