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Sinne äußerte sich Dr. Wolfgang Hoffmann: »Ob in der Präambel der Verfassung, ob
ausgesprochen oder nicht in den einzelnen Artikeln, überall der unerschütterliche Glaube
: nur christliches Gesinnungsgut und seine Befolgung kann uns erretten!«123.
Dagegen haben die Vertreter der kommunistischen Fraktion, wenn überhaupt, erst
der Zukunft Wirkungskraft und Gültigkeit christlicher Lehre zugeschrieben, für Vergangenheit
und Gegenwart aber eine sichtbar feststellbare Auswirkung abgelehnt: »Eine
Verfassung auf dem Fundament der Grundsätze, die uns aus der Verkündigung und dem
Leben Jesu Christi deutlich geworden sind, wird es erst geben können, wenn die Vorgeschichte
der Menschheit mit dem Sieg der sozialistischen Ordnung vorbei ist, die klassenlose
Gesellschaftsordnung Wirklichkeit sein wird und keine Kriege mehr über die Erde
rasen. Dann erst wird das Fundamentalgebot christlicher Sittenlehre: Du sollst deinen
Nächsten lieben wie dich selbst, die Grundlage der menschlichen Gesellschaft sein können
. Dann erst werden die Hoff nungen und Verheißungen der Bergpredigt auf Gerechtigkeit
, Friede und Freude, aus dem Geiste der Güte und der Liebe Wirklichkeit werden
können...« . Dies war die Auffassung von Erwin Eckert, und Wilhelm Büche wies auf
die 2 000jährige Geschichte des Christentums hin und stellte angesichts der Tatsache,
daß »die Vertreter der Christenheit in dieser 2 000jährigen Geschichte in mehr als einem
Lande die weltliche Macht innehatten« die Frage: »Können Sie mir ein Beispiel dafür
nennen, daß in dieser 2 000jährigen Geschichte, christlichen Geschichte, in irgendeinem
Lande die Not, der Krieg als ein überwundener Zustand betrachtet werden konnte in
dem Zusammenleben der Menschen?« Er kam zur Schlußfolgerung, daß dies »bis heute
noch nicht der Fall« gewesen ist127. Einer der Hauptgründe dafür, daß die kommunistische
Fraktion die Aufnahme der von der BCSV vorgeschlagenen Wendungen abgelehnt
hat, war zwar auch eine Glaubensfrage, in ihrem letzten Grund aber verstanden als
Machtfrage. Erwin Eckert sagte: »Wir wissen, daß die Verfassung nach dem politischen
Willen der Mehrheit mit dem Ziel der Aufrechterhaltung der bürgerlichen Gesellschaftsordnung
und ihrer Eigentumsverhältnisse, zur Sicherung des Einflusses der Kirche und
der konfessionell abgestimmten Schulen, zur Sicherung der Beamtenbürokratie geschaffen
werden soll, was zu einer Verewigung der Klassenunterschiede führen würde...«128.
So läßt sich also feststellen, daß das Ziel, eine neue Verfassungsordnung zu erstellen,
von zwei weltanschaulich unterschiedlichen Ausgangspositionen her angestrebt worden
ist; die nachfolgende Äußerung von Philipp Martzloff, dem Fraktionssprecher der SP,
mag geeignet sein, diese beiden Positionen näher zu verdeutlichen: »... Sie von der BCSV
sprechen beispielsweise heute von einem christlichen Sozialismus. Ob Sie nun vom
Standpunkt des Christentums aus zur Erkenntnis kommen, daß sozialistische Maßnahmen
ergriffen werden müssen, oder ob wir vom marxistischen Standpunkt aus, vom
marxistisch-wissenschaftlichen Standpunkt aus, vom Gesichtspunkt der Nationalökonomie
aus betrachtet, zu dieser Erkenntnis kommen, daß die Verwirklichung des Sozialismus
eine Notwendigkeit ist, das ist ja von untergeordneter Bedeutung. Entscheidend
ist es, daß wir gewillt sind, den Sozialismus zu verwirklichen...«129.
3.2.2 Schlußfolgerungen aus der jüngsten Vergangenheit
Die Präambel, insbesondere die Formulierung »im Vertrauen auf Gott«, hat bei den
Beratungen sowohl im Ausschuß wie auch im Plenum der Landesversammlung Anlaß zu
sehr ernsthaften Diskussionen gegeben. Die wesentlichen Positionen sind in dem Resümee
festgehalten, das der Sprecher des Rechtspflegeausschusses, Dr. Hermann Fecht, zu
Beginn der Diskussionen dieser Frage im Plenum gegeben hat13". An ihnen hat sich nur
mehr wenig geändert.
Auf kommunistischer Seite trat man dafür ein, aus zwei Gründen von jeglicher Berufung
auf die besondere »Verantwortung vor Gott« abzusehen. Erstens wollte man den
Namen Gottes nicht dadurch mißbraucht sehen, daß man ihn »in die allzu irdische Sphä-
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