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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
44.1982, Heft 2.1982
Seite: 34
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1982-02/0036
seinem resümierenden Bericht über die Arbeit dieses Ausschusses vor dem Plenum der
Landesversammlung ausführte: »Der demokratische Sprecher ging bei seinen Ausführungen
davon aus, daß keine Verstaatlichung des Menschen, sondern eine Vermenschlichung
des Staates anzustreben sei. An die Spitze der ganzen Verfassungsarbeit seien die
Grundrechte zu stellen, die als individualistische Rechte häufig mit den kollektivistischen
Ansprüchen des Staates in einer von sozialistischen Gedankengängen beherrschten
Wirtschaftsordnung in Konflikt kämen. Man sollte deshalb die Grundrechte abweichend
von der Systematik des Entwurfs gesondert behandeln von den Fragen der Wirtschaftsordnung
. Mit der grundsätzlichen Anerkennung einer staatlichen Planwirtschaft
im Sinne des Regierungsentwurfs gefährde man bereits-die Freiheit des Menschen. Eine
wirkliche Planwirtschaft lasse sich nur durchführen mit der Arbeitsdienstpflicht, und
das bedeute Unfreiheit«135.

In der nächsten Sitzung ging dann der kommunistische Sprecher Erwin Eckert aus seiner
Sicht auf die Bedeutung der Grundrechte ein, hat von der Spannung zwischen Verfassungsnorm
und der durch Besatzungsmacht eingeschränkten Wirklichkeit gesprochen
und hat davor gewarnt, die Grundrechte »gewissermaßen zu einer pathetischen
Deklaration zu machen«136. In derselben Sitzung bemerkte Friedrich Vortisch, daß bei
einer nachdrücklicheren Betonung der Grundrechte in der Weimarer Verfassung in der
Form der bewußten Hervorhebung an der Spitze der Verfassung, nicht in der »irgendwo
hinten« versteckten Form, das Bewußtsein über die hohe Bedeutung der Freiheitsrechte
»in jedem einzelnen deutschen Staatsbürger stärker entwickelt gewesen wäre«137. Er betonte
noch einmal, daß es der einzelne Mensch ist, »der Zweck unseres Daseins ist, und
nicht der Staat, nicht die Herde, wie das im Sinne des Preußentums und im Sinne des Nationalsozialismus
gelegen ist«, und beantragte die Umstellung der Grundrechte bzw. die
Neueinteilung der Verfassung. Dieser Antrag ist zuerst mit 31 Stimmen, nach namentlicher
Abstimmung dann mit 26 gegen 22 Stimmen (bei keiner Enthaltung) abgelehnt worden15
''. In der darauffolgenden Sitzung der Landesversammlung am 14. April 1947 hat
Friedrich Vortisch erneut einen Antrag auf Umstellung gestellt und ihn mit dem Hinweis
auf die bereits erfolgte Darlegung begründet. Es sei verwunderlich, daß die Grundrechte
so zu kurz kämen, ja gleichsam als »völlige Nichtigkeiten« behandelt würden. Es gehöre
zu den vielen Systemwidrigkeiten dieser Verfassung, so sagte Friedrich Vortisch, »daß
das Eigentum behandelt ist hinter den Angelegenheiten 'Kirchen und Religionsgemeinschaften
'..., daß der Schutz der Verfassung und auch der Grundrechte in Abschnitt X
der Verfassung behandelt ist, bevor überhaupt diese Grundrechte gegeben werden.
Denn das soll ja erst in Abschnitt XI geschehen...«l39. Und nach einem energisch vorgetragenen
Rückblick auf die zähe Entwicklung dieses betreffenden Abschnittes hat er es
schließlich erreicht, daß eine Aufspaltung der in Abschnitt XI noch gemeinsam aufgeführten
»Grundrechte und Grundpflichten« vorgenommen worden ist160. So ist es also
dank seines Beharrungsvermögens und der einsichtigen Darlegung dem demokratischen
Fraktionssprecher schließlich zu erreichen gelungen, daß die Grundrechte an die Spitze
der Verfassung gestellt worden sind. Mit seinen Ausführungen hat er, wie es übrigens
auch schon oben bei der Behandlung der Wirtschaftsordnung zum Ausdruck gekommen
ist, nachdrücklich dem demokratischen Selbstverständnis Ausdruck gegeben, welches ja
von allen Parteien am stärksten auf die in der Verfassung niedergelegte Sicherung des
Einzelmenschen abgehoben hat. Der BCSV ist es zwar auch um die Sicherung des Einzelmenschen
gegangen, jedoch nicht so sehr um die Sicherung des einzelnen in bewußter
Abwehr bzw. Abgrenzung gegenüber den vom Kollektiv ausgehenden Gefahren, wie
dies bei der DP der Fall war, als vielmehr um die Sicherung des Menschen vor allem vor
und auf dem Hintergrund des menschlichen Bewußtseins seiner »Verantwortung vor
Gott«. Die BCSV hat vor allem und zuallererst die grundsätzliche Verankerung christlicher
Wertvorstellungen in der Verfassung angestrebt. Nach ihrer Auffassung bildete diese
Verankerung die Voraussetzung und die Gewähr dafür, daß menschliches Leben nicht
nur in seinem Einzelfall, sondern auch in Gemeinschaft glücken kann. Hat also die de-

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