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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
44.1982, Heft 2.1982
Seite: 49
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1982-02/0051
Zeichnung »Landesverfügungen« und »Landesverordnungen« unter Ubergehung des
Landtags erließ, bot sich dieser Weg an, um diese Praxis wenigstens für die Zukunft zu
unterbinden. Durch die Einreichung einer förmlichen Anfrage, die sich auf eine mit Ermächtigung
der Militärregierung erlassene Landesverfügung bezog, und eine weitere
förmliche Anfrage, deren Gegenstand eine auf das Ermächtigungsgesetz zurückgehende
Landesverfügung war, wurde eine grundsätzliche Debatte im Landtag über diese von der
Regierung in Anspruch genommenen Gesetzgebungsermächtigungen eingeleitet, die
dann auf 20 weitere Landesverordnungen und Landesverfügungen ausgedehnt wurde.
An ihrem Ende wurden zwei Anträge gestellt:

1. Der Landtag wolle die Regierung ersuchen, jede weitere Gesetzgebungstätigkeit aufgrund
des Reichsermächtigungsgesetzes zu unterlassen.

2. Der Landtag wolle Ministeranklage gegen den Staatspräsidenten, den Justizminister,
den Wirtschaftsminister und den Landwirtschaftsminister wegen Verfassungsverletzung
durch diese aufgeführten Landesverordnungen erheben.

Der Landtagspräsident erklärte, diese Anträge würden »wie üblich« behandelt werden
und schloß die Debatte. Gegen beide Anträge legte die Militärregierung ihr Veto ein.

Unbeirrt setzte die Landesregierung in der Folgezeit diese Art der Gesetzgebung fort,
auch nachdem sich im Landtag anläßlich der Beratung des Gnadengesetzes die Sprecher
sämtlicher Fraktionen gegen diese Art der Gesetzgebung ausgesprochen hatten.

Das Bonner Grundgesetz erklärte in Artikel 129 Abs. 3 die sämtlichen auf Grund des
Reichsermächtigungsgesetzes an Regierungen und Minister erteilten Gesetzgebungsermächtigungen
ausdrücklich als rechtsunwirksam. Der Badische Staatsgerichtshof hob
eine am 29. März 1948 ergangene Landesverfügung schon durch Entscheidung vom 13.
Juli 1949 als von Anfang an rechtsunwirksam auf. Auf den Schriftwechsel des Staatsgerichtshofs
mit der Landesregierung über auf Grund von Ermächtigungen der Militärregierung
ergangene Landesverfügungen bin ich oben eingegangen. Durch das Besatzungsstatut
vom 29. Sept. 1949 wurde das Veto der Militärregierung gegen die im Landtag
am 11. Dezember 1947 gestellten Anträge hinfällig. Als die Anträge endlich am 18.
April 1950 wieder an den Landtag kamen, waren weitere 140 Landesverordnungen und
Landesverfügungen auf Grund von beiderlei Ermächtigungen, darunter 40 nach Inkrafttreten
des Bonner Grundgesetzes, ergangen. Die Landesregierung legte Gutachten vor,
die ihren Rechts-Standpunkt in dieser Frage rechtfertigen sollten. Der Landtag beschloß
, den Antrag auf Ministeranklage abzulehnen und die Entscheidung über den Antrag
, daß die Regierung weitere Gesetzgebung auf Grund von Ermächtigungen, die auf
das Reichsermächtigungsgesetz zurückgingen, unterlassen solle, bis zur Erstattung eines
weiteren noch zu erhebenden Gutachtens zu vertagen. Dieses Gutachten wurde bis zur
Auflösung des Landes Baden durch die Entstehung des Landes Baden-Württemberg am
25. April 1952 nicht erstattet.

Der Tatbestand wirft ein Schlaglicht auf die innerhalb der in dieser Beziehung sehr elastischen
Schranken der Besatzungsmacht erfolgende tatsächliche innerstaatliche Machtausübung
durch die aus Regierung und Ministerialbürokratie zusammengewachsene politische
Führungsschicht. Diese Machtausübung wirkte sich aus in anderen legislativen
und exekutiven Staatsakten der Regierung, Gesetzentwürfen und Unterlassungen der
Regierung - die letzteren insbesondere auch auf dem Gebiet der »Außenpolitik« -, die, -
vielleicht zum Teil unbewußt - die Verfassung, die Gesetze, die Beschlüsse des Landtags
und seine Meinungsäußerungen nicht beachteten. Auf alle diese Begebenheiten kann
nicht eingegangen werden. Hier kam es lediglich darauf an, darzutun, mit welchen äußeren
und inneren Schwierigkeiten die Demokratisierung in Westdeutschland und besonders
in Südbaden und damit die Verwirklichung ihres inneren Selbstbestimmungsrechts
seiner Bevölkerung zu kämpfen hatte. Diese Schwierigkeiten wurden erleichtert durch
das Besatzungsstatut vom 29. Sept. 1949; sie wurden beendet durch das Entstehen des
Landes Baden-Württemberg am 25. April 1952.

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