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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
44.1982, Heft 2.1982
Seite: 55
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1982-02/0057
schnitt der Westzonen. Um den tatsächlichen Stellenwert der Demontagen im Hinblick
auf die unmittelbare Nachkriegsproduktion ermessen zu können, muß indessen der beträchtliche
Zuwachs des Bruttoanlagevermögens seit 1936 in Rechnung gestellt werden.
Geht man davon aus, daß der Nettoproduktionswert der südbadischen Industrie von
692,7 Mio. RM im Jahre 1936 um ca. 34 Prozent auf 925,9 Mio. RM im Jahre 1944 stieg,
so betrug nach Krengels Methode das Bruttoanlagevermögen der südbadischen Industrie
1944 ca. 1,157 Mrd. RM/4 - Selbst wenn man also für Kriegsschäden noch eine
Summe von 120-150 Mio. RM veranschlagt und die gesamten Demontageschäden mit
ca. 111,6 Mio. RM berechnet, liegt das industrielle Bruttoanlagevermögen nach Kriegsende
in Südbaden noch erheblich über dem von 1936. Der industrielle Kapitalstock kann
somit keinesfalls die Ursache dafür gewesen sein, daß das Produktionsniveau von 1936
erst im Laufe des Jahres 1950 erreicht werden konnte/"

Eine wirtschafte- und gesellschaftspolitische Neuorientierung, wie sie in bescheidenen
Ansätzen unter der Ägide des sozialdemokratischen Wirtschaftsministers Leibbrandt
angeregt wurde, hatte unter den gegebenen Verhältnissen nur dann Aussicht auf
Erfolg, wenn die Militärregierung derartige Maßnahmen förderte oder zumindest tolerierte
. Der Anstoß zur Bildung von sogenannten Produktivgenossenschaften ging nun
aber gerade von der Militärregierung aus. Von einer Reihe von Betrieben, die unter eine
kommissarische Geschäftsführung gestellt worden waren und die ursprünglich für eine
»gestion ouvriere« in Betracht kam, blieben letzten Endes bis Januar 1947 nur noch eine
Bühler Zigarrenfabrik und eine Uhrenfabrik in Villingen im Gespräch. Interessanterweise
zeigten sich die Gewerkschaften trotz grundsätzlicher Zustimmung zu einem derartigen
Projekt unter dem Eindruck der schlechten wirtschaftlichen Lage und der wenig
hoffnungsvollen Aussichten auf baldige Besserung sehr reserviert, so daß, als Bedenken
seitens des Landesamtes für kontrollierte Vermögen, der früheren Firmeninhaber und
des Staatssekretariates immer lauter wurden, das Projekt über das Planungsstadium
nicht hinausgelangte.~h

Determinanten der industriellen Produktionsentwicklung

In den offiziellen Stellungnahmen und Kommentaren zur industriellen Produktionsentwicklung
bis hin zur Währungsreform wurde immer wieder auf einen bestimmten
Kanon von Problemen hingewiesen, die einer Produktionsausweitung im Wege stünden
. Im wesentlichen handelte es sich dabei um die unzureichende Ernährungslage, den
akuten Mangel an Roh- und Hilfsstoffen, das mangelhafte Angebot an Arbeitskräften,
die Schwierigkeiten auf dem Verkehrssektor, die schlechte Versorgung mit Elektrizität
und Kohle, die überhöhten Steuersätze sowie schließlich die Maschinenentnahmen. Daß
diese Argumentation nicht unbedingt stichhaltig war, konnte im Fall der Kapazitätsverluste
der Industrie schon gezeigt werden. Auch die Frage der konfiskatonschen Kontrollratssteuern
kann hier getrost unberücksichtigt bleiben, waren von ihnen doch alle
Zonen gleichermaßen betroffen, ganz abgesehen davon, daß derartigem Zahlenmaterial
ohnehin wenig Glauben geschenkt werden dürfte. '

Für die Ernährungskrise der Nachkriegszeit, die in Südbaden im Herbst 1948 ihr Ende
fand, lassen sich in der Berichterstattung des Landesgewerbearztes über Betriebsinspektionen
anschauliche Belege finden; die amtliche Statistik weist geradezu auf eine Ernährungskatastrophe
hin.38' Das Beispiel der Fittingwerke, Singen, eines Schweizer Betriebes
, mag verdeutlichen, worin für die Industrie das eigentliche Problem lag. So wie die
Fittingwerke hatten mehrere schweizerische Tochterfirmen ein sogenanntes Punktesystem
eingeführt, womit sie ihren Beschäftigten die Möglichkeit einräumten, aufgrund
von Leistungsprämien zusätzlich Lebensmittel zu erstehen. Dieser Leistungsanreiz bewirkte
bei den Fittingwerken z.B., daß die Zahl der »Krankheitsfälle« um 50% zurückging
und die Fehlschichten von ursprünglich 15-20% auf 0,5% sanken. Entsprechend

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