http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1982-02/0106
c) das Zusammenfallen von Parzellengrenzen mit Wallsystemen erklärt solche Wallsysteme
erst recht als Gemarkungs- und/oder eben Weidegrenzen.
Dem letzten Argument ist entgegenzuhalten, daß (heute gültige) Parzellengrenzen
sich eher an frühere, ältere, »uralte« Linienführungen wie z. B. diejenigen einer (keltischen
?) Viereckschanze halten. Sehr klar ist das Zusammenfallen von Wällen und Grenzen
z. B. bei den Anlagen auf dem Rührberg (Fingerlin 1981, Abb. 1) und im Großen
Bremgartenwald (Grütter 1965, Abb. 2) zu sehen, wo sogar ein Weg genau über den
Ostwall führt. Aber gerade die Struktur A auf unserer Abb. 1 (unsere eigentliche Viereckschanze
) fällt nicht mit heute geltenden Gemarkungen zusammen, im Gegensatz zu
den Strukturen D, E und F.
Auch wenn es gemeinhin als längst »erledigt« gilt, genügt es wohl nicht, dem ersten
Argument bloß entgegenzuhalten, »von den bislang für die Viereckschanzen erörterten
Deutungsmöglichkeiten konnte die... der landwirtschaftlichen Nutzung der Anlage
(Gutshof, Viehpferch) ausgeschieden werden« (Führer 1971, 255) oder »Die Deutung
als Viehpferch ist nur eine Verlegenheitserklärung... Der ungeheure Aufwand von
menschlicher Arbeitskraft durch Aushebung eines Grabens und Aufschüttung eines
Walles (gemeint lediglich zur Abgrenzung und Einfriedung von Weideplätzen) erscheint
sinnlos« (Kuhn 1965). Gerade im Falle von Gelterkinden-Berg dürfte der Anlaß gegeben
sein, zwischen den einzelnen Wallsystemen zu unterscheiden und die schlechthin nicht
als Viereckschanzen zu interpretierenden Strukturen in Bälde genau gleicher akribischer
Felduntersuchung zu unterziehen.
An Flurnamen - um das zweite Argument zu diskutieren - finden sich auf dem Gelterkinder
Berg sowohl »Chüebrunne« als auch »Stierestall«, wie auf dem Rührberg z. B.
»Muhnematt« (Fingerlin 1931) oder »Muhnenholz« (Kuhn 1965). Solche landwirtschaftlich
bedingten Flurnamen sind m. E. überhaupt kein »besonderes« Indiz. Für Süddeutschland
und die Nordwestschweiz wie auch für andere geologisch und klimatisch
ähnliche Zonen gilt doch einfach die Tatsache, daß ausgedehnte Gebiete heutiger Waldungen
noch vor wenigen Jahrhunderten oder gar nur Jahrzehnten extensiv landwirtschaftlich
genutzt wurden.
In dem für das Gebiet um Basel einzigartigen Quellenwerk der Feldaufnahmen von
Georg Friedrich Meyer (1678-1681) gibt es kaum (heute bewaldete) Hochplateaus, die
nicht mit »Zeig« oder »Brach« o. ä. bezeichnet wären.n) Auch bei Daniel Bruckner12^
fällt in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts die Waldweidenutzung noch allenthalben auf.
Beide Autoren haben das uns interessierende Gebiet auf dem Gelterkinder Berg nicht
näher beachtet oder beschrieben; erst aus dem Jahre 1864 steht uns eine interessante
Quelle (Schaub 1864 : 1964 31 f.) zur Verfügung, die das oben gesagte schön belegt und
die darum hier auszugsweise zitiert sei:
»Gelterkinden hat zirka 12-1300 Jucharten Gemeinde- und etwa 270 Juch. Privatwaldungen
. Der größte Theil derselben findet sich in einem zusammenhängenden Komplexe
an und auf dem Berge. Die heut zu Tage privateigenthümlichen Waldstücke auf Eichhalden
, in Eigen, im Zwei, in den Bergackern und auf Rüttenberg waren früher urbares
Land, sind aber seit ihrer Bepflanzung schon mehr als einmal abgeholzt worden. Die übrige
Gemeindewaldung auf dem Berge diente früher dem Weidgange, wurde aber in den
zwanziger Jahren nach und nach und endlich nach 1832 vollends gänzlich eingeschlagen.
Noch jetzt nennt man eine Stelle, mit alten Buchen umgeben, den Stierestall, und der
Kühbrunnen hat noch jetzt seinen hölzernen Trog von einem mächtigen Eichenstamme
aus jener Zeit. Es gibt auf dem Berge noch viele waldlose Stellen, die sich von selbst noch
nicht besaamt haben. In den letzten 12-15 Jahren sind hie und da solche öde Stellen durch
die Schulkinder unter Anleitung der Lehrer mit Tännchen, Büchlein und Akazien angesetzt
worden. Die Kinder erhielten bei diesen Anlässen Wein, Käs und Brod, was solche
Tage zu wahren Festtagen für sie machte. Die zirka 7 Jucharten haltende Bergmatte hinter
dem Köpfli wurde bis 1861 jedes Jahr geheuet und der Erlös der Schulklasse zugewendet
. Im Frühjahr 1862 wurde dieses Grundstück in Folge Gemeindebeschluß auf
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