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unser Gebiet noch mehr zu sagen sein wird, aber auf regionale Lateinschulen, die den
Nachwuchs auf den Besuch der »hohen Schulen«, der Universitäten, vorbereiten sollten
, konnte nicht verzichtet werden. Es sollte damit natürlich den Söhnen der kommenden
Pfarrerfamilien der Weg ins Studium geebnet werden, aber nicht nur der Pfarrerfamilien
, auch denen aus der Beamtenschaft oder aus dem Bauern- und Bürgerstande.
Obwohl die Röttier Kirchenbücher, die heute erhalten sind, sehr spät einsetzen, ist
man recht gut unterrichtet über seine Pfarrer seit der Reformation. In seiner Chronik
»Rötteln-Haagen« hat Fritz Schülin sie recht eingehend geschildert. Weniger Genaues
weiß man über die Diakone und »Helfer«, denen meist der Unterricht an der Lateinschule
oder Kapitelschule, wie sie auch hieß, oblag. Wahrscheinlich hatten sie auch an
»der deutschen Schule« zu unterrichten, vor allem Religion. Uber den Kreis dieser Lehrer
, Praeceptoren und auch Pfarrer gibt es einiges Neues zu berichten, vor allem über deren
eigene Vorbildung. Die Röttier und Lörracher bildungsgeschichtlichen Aspekte stehen
nicht nur für sich in engem Zusammenhang, sie zeigen beide auch durch unsere geographische
Lage recht intensive Verbindungen zu unserer Nachbarschaft südlich und
westlich des Rheines. Wir müssen uns dessen bewußt sein, daß man im Verhältnis zum
Oberelsaß und Sundgau vor der Besetzung durch Ludwig XIV. (1681 bzw. 1697) nicht
von Grenze und Grenzgebiet sprechen kann und daß dasselbe im Verhältnis zur Schweiz
bis zu Napoleon gilt, eigentlich bis zur deutschen Zollunion. Ja, wer kennt noch die
Uberlieferung aus den Erzählungen unserer Großeltern, daß es bis 1914 im Kleinen
Grenzverkehr weder eine Paß- noch Zollkontrolle gab? An der Grenze genügte da ein
Schilderhäuschen mit einem Mann. Aber weil jeder jeden kannte, galt seine Anwesenheit
eben nur wirklich Fremden.
Wir wollen nun die Reihe der Röttier Geistlichen und Lateinschullehrer in möglichster
Kürze darstellen und für die Schilderung der frühen Zeitumstände, Nöte und
Schwierigkeiten vor allem der Lehrer auf Schülins Darstellung6 verweisen. Etwas mehr
Gewicht wollen wir auf neue Erkenntnisse legen. Vor allem sei dargestellt, was über deren
eigenen Bildungsweg derzeit berichtet werden kann.
Der erste Geistliche, von dem wir im Zusammenhang mit Rötteln hören, Landarius,
der Priester, der uns in der ersten Urkunde, welche Rötteln überhaupt nennt, als Schreiber
und Urkundsnotar begegnet, ist zweifellos ein Hofgeistlicher. Erst sehr viel später,
1218 oder 1222 hören wir wieder von einem Geistlichen, dem Conradus, plebanus
(Weltgeistlicher) von Rötinleim. Der nächste ist Cunrat zer Sunnen 1344, der Kilchherr
zu Rötteln. Er stammt seinem Namen nach aus einem der damals in Basel tonangebenden
Geschlechter. Als Kirchherr war er Inhaber der mit der Pfarrei verbundenen Pfründe
. Ob er seinen priesterlichen Dienst in Rötteln wirklich versehen hat, wissen wir nicht.
Da er sicher in Basel selbst noch andere Pfründen besaß, dürfte er seinen kirchlichen Verpflichtungen
wohl auch in Basel nachgekommen sein. 1387 hören wir von Johann Vogt
von Thüngen (einem der Tiengen, aber aus welchem?) als Rektor der ecclesia zu Rötteln.
Damals war Ulrich Fabri von Ewattingen der Hofkaplan auf der Burg. 1405, 1410 und
1415 ist Johann Sigrist, einmal auch lateinisch Sacrista genannt, Rektor unserer Kirche.
In allen 3 Fällen handelt es sich zweifellos um ein und diesselbe Person. 1410 wird er auch
als procurator des Markgrafen Rudolf (III.) bezeichnet. Procurator kann auch »Bevollmächtigter
«, »Statthalter«, »Anwalt« oder »Pfleger« bedeuten. Vermutlich war er so etwas
wie später ein Landschreiber, rechte Hand des Markgrafen, der Mann, der dessen
Rechtsgeschäfte besorgte. Es könnte möglich sein, daß man ihm bei der Nachsuche in
italienischen oder französischen Universitäts-Matrikeln noch begegnet, obwohl dies
schwierig ist, solange seine Herkunft nicht bekannt ist, zumal der Name »Sacrista« oder
Sigrist ja kein gerade seltener Name ist.
Der nächste in der Reihe der bekannten vorreformatorischen Priester ist 1428 Johannes
Hürne, presbyter zu Rheinfelden, Kaplan des Röttier St. Erhards-Altars. Den
Dienst am Altar zum Hl. Kreuz versahen Johannes Yvanni (Johannif) von Villingen und
Berthold Spengler von Hüfingen. Diese 3 Priester wurden von Markgraf Wilhelm im
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