http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1982-02/0179
nen, entdeckte man im Kichenschiff »... unter einer Menge von späteren Kalkfarbenan-
strichen...«79) die Architekturmalerei. Nachdem Joseph Sauer den Wert beider Malereien
hervorgehoben hatte und sich beim Badischen Ministerium des Kultus und Unterrichts
in Karlsruhe für die Gewährung eines Zuschusses für die Renovierung eingesetzt
hatte, gab das Ministerium die Zusage eines Zuschusses, aber nur unter der Bedingung,
daß die Kirche in einen würdigen, festlichen Zustand versetzt werde.8C) Erst nach einigem
Zögern, das wohl durch die angespannte Finanzlage relativ kurz nach dem Krieg bedingt
war, beschloß der Müllheimer Gemeinderat, die ehemalige Martinskirche als Festhalle
umzubauen.
Man gestaltete den Chor als Bühne für Theateraufführungen, sanierte den Dachstuhl
und konnte daher die beien verbliebenen Mittelstützen entfernen. Es wurden zwei Öfen
an den Längsseiten installiert und ein neuer Fußboden in das Gebäude gelegt. Der Uber-
linger Restaurator Mezger behandelte die Malereien. In der Eingangshalle wurde die Gerichtsdarstellung
gereinigt, fixiert und Fehlstellen ausgeflickt. Die nur fragmentarisch
erhaltene Architekturgliederung und die Ornamente und die Fenster im Kirchenschiff
wurden in Anlehnung an den Freilegungsbefund wiederhergestellt. An der Nordseite,
wo die Empore entfernt worden war und die Wandfläche nun gegliedert werden mußte,
wurden zwei Pilaster zwischen die Fensterachsen sowie auf der Südseite und im Chor
aufgemalt. Wie es der Freilegungsbefund 1979 an der Nordseite zeigte, versetzte Mezger
auch die Sockelbordüre um ca. 20 cm höher.
Vor dem Westturm erstellte man eine neue Treppe und einen von zwei Säulen getragenen
Rundbogen.81' Wann dieses 'Portal' wieder entfernt wurde, ist nicht bekannt. In diesem
Zusammenhang ist ebenfalls interessant, daß die Gasse nördlich der Kirche, früher
'Kirchgässchen', heute 'Hudeligasse'!, um ca. 50-60 cm tiefer gelegt wurde, um die
Feuchtigkeit in der Kirchennordwand zu beseitigen.82' Am 10. Juli 1921 feierte man die
Einweihung der Müllheimer Festhalle in der ehemaligen Martinskirche.83'
Die Nutzung der Festhalle war sehr verschieden, Theatervorstellungen, Parteiveranstaltungen
, Tanz- und auch Fastnachtsveranstaltungen, Kinovorstellungen, aber auch
Gottesdienste wurden in ihr abgehalten.
Im Rahmen einer weiteren Restaurierung 1957 reinigte man die Malerei in der Eingangshalle
und erneuerte den Außenputz.84
Renovierung 1979 bis 1982
Mit dem Bau eines Heizungskellers unter dem inzwischen abgerissenen und neu erbauten
Bindegebäude zwischen Kirche und W'achhaus begannen 1979 umfassende Umbau
- und Renovierungsarbeiten, die die archäologische Untersuchung im Kircheninneren
ermöglichte bzw. auch erforderte. Ziel der Umgestaltung der Martinskirche war es,
als Ergänzung zu dem 1976 fertiggestellten Müllheimer Bürgerhaus einen feierlichen
Versammlungsort zu schaffen. Der sakrale Urzustand sollte wiederhergestellt werden.
Neben der Nutzung als Kirche für die französische Garnision und interkonfessionelle
Gemeinschaften soll der Raum auch für geistliche Konzerte und Ausstellungen genutzt
werden. Abgesehen vom Neubau des Bindegebäudes wurde der Außenbau der Kirche
belassen. Im Innern baute man einen Betonfußboden mit einer Fußbodenheizung ein. In
der südöstlichen Ecke des Kirchenraumes sparte man im Fußboden ein rechteckiges
Guckloch in die Geschichte aus. Hier sind die Reste der Hypokaustheizung der römischen
Villa, die Westwand des ersten Müllheimer Kirchenbaues mit dem zugehörigen
Lehmfußboden sowie die beiden Phasen des höherverlegten Bodenniveaus zu sehen. In
der Eingangshalle ist der Fußboden auf das ursprüngliche Niveau abgesenkt worden, so
daß die tonnengewölbte Halle mit der Gerichtsdarstellung wieder in den Dimensionen
ihrer Erbauungszeit wirken kann.83) Der Fußboden wurde mit quadratischen Tonplatten
ausgelegt.
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