http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-01/0038
Wenn man die Lohnzahlungen den Dividendenzahlungen gegenüberstillt, ergibt sich
folgendes Bild:
Nettolöhne Mk. 2'777'540
+ freiwillige Sozialleistungen Mk. 172'558
+ gesetzliche Sozialleistungen Mk. 17'325
+ gesetzlicher Krankenkassenbeitrag Mk. 6'000
(Arbeitgeberanteil 1/3, geschätzt) _
Mk. 2'973'423
Dem stehen Dividendenzahlungen von Mk. 1'878'102 gegenüber.
Das Verhältnis von Dividende zu Lohnanteil beträgt also 38,7 : 61,3
Die Durchschnittsdividende jener Jahre betrug 9,58%.
Aufstiegsmöglichkeiten
Bei der Schilderung der Entwicklung dieses Betriebes wurde schon der Mitaktionär
Isaac Knecht genannt.21' Er war als Webermeister aus der Schweiz zugezogen. Technischer
Leiter des Betriebs wurde danach Robert Knecht, sein Sohn. Eine der wichtigsten
Funktionen in einer Tuchfabrik hat der Walkmeister. Aus eigener Initiative wurde das
Albert Morath, der als Weber angefangen hatte. Kassier und Verwalter des Kranken-
und Versicherungswesens wurde Fritz Kratt, der als Laufbursche in die Firma eingetreten
war. Solche Betriebstreue setzt einerseits Charakterzüge voraus wie etwa Zuverlässigkeit
und Stetigkeit, andererseits aber auch ein dementsprechendes Betriebsklima.
Schließlich kann ein ganz außerordentlicher Fall nicht verschwiegen werden, wo eine
Familie seit über 80 Jahren mit diesem Betrieb verbunden ist. Am Ende des 19. Jh. mußte
eine Familienmutter (im Bulgarien) noch als Weberin in der Tuchfabrik zum Familienunterhalt
beitragen. Ihr Sohn wurde Leiter der Buchhaltung und des Finanzwesens und
erhielt Prokura. Zwei seiner Söhne sind ihm im Betrieb nachgefolgt, der eine wieder als
Prokurist, und schon ist die vierte Generation dort in der Ausbildung begriffen. Zwei
der Genannten sind außerdem in den Stadtrat gewählt worden. Ein solches ganz außergewöhnliches
Verhältnis zu einem Betrieb muß als Schlaglicht zu unserem Thema wenigstens
im Umriß geschildert werden.
Zur Person von vom Hove
Wir können dieses Kapitel mit einigen Nachrichten über die Persönlichkeit und den
Werdegang des Gründers vom Hove beschließen, die wir aus zwei Zeitungsberichten
anläßlich seines Ausscheidens aus dem aktiven Geschäftsleben Anfang Juni 186621) entnehmen
und die nach allem, was wir bisher über ihn und die Tradition seiner Firma erfahren
haben, keineswegs geschönt gewesen sein dürften. Es heißt da, daß er von seinen
zahlreichen Arbeitern herzlich Abschied genommen habe und damit ein ansehnliches
Geldgeschenk an jeden (für 220 Arbeiter-0' insgesamt 3500 fl.) verbunden habe. Am
Abend habe ihm die gesamte Belegschaft einen Fackelzug mit Musikbegleitung gebracht
. U. a. heißt es: »Er hat früher als Färbergeselle von der Pike auf gedient, sodaß er
das Geschäft von Grund auf verstand. Durch seinen unermüdlichen Fleiß, seine Umsicht
, seinen redlichen und rechtschaffenen Sinn, der ihm überall Zutrauen erwarb, ist es
ihm gelungen, ein eigenes Werk zu gründen. Einfach, schlicht, tätig, wie er war, hat er
immer selbst Hand an das Werk gelegt.« Und »möchten alle Fabrikherren in ein solch
schönes Verhältnis zu ihren Arbeitern treten... Mit Freuden erwähnen wir, daß es hier
daran nicht fehlt. In der Köchlin'schen Fabrik ist es besonders Hr. Imbach, der sich mit
unermüdlichem Eifer dem Wohle der Arbeiter widmet. Auch Herr Fabrikant Großmann
hat ein Herz für seine Arbeiter...«.
36
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-01/0038