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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
45.1983, Heft 2.1983
Seite: 38
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1983-02/0040
gen und der Jahre im unbesetzten Deutschland mit teilweise sehr bitteren Klagen über
Unverständnis und mangelnde Hilfsbereitschaft gegenüber diesen Vertriebenen der 20er
Jahre. In der Darlegung der Gründe für die Ausweisung zeigen sie teilweise eine vaterländische
Gesinnung, wie sie heute wohl nicht mehr formuliert würde. Man kann das
auch bedauern, aber wer die weitere politische Entwicklung in Deutschland bedenkt, ist
von einigen nationalistischen Formulierungen doch auch betroffen. Fremd, wenn nicht
bedrückend ist die Einstellung zu den »farbigen« französischen Truppen, die einen Rassismus
durchscheinen läßt, dessen wenige Jahre später gezogene Konsequenzen allzu bekannt
sind. Aber manche Berichte zeigen auch ein Erzieher-Ethos, wie wir es heute kaum
noch kennen. So sind diese Berichte zugleich ein Dokument für das Selbstverständnis vieler
unserer Lehrer dieser Jahre.

Die Berichte sind nur geringfügig gekürzt (kenntlich gemacht durch Punkte:eigene
Zusätze oder Zusammenfassungen durch andere Schrifttype), wobei Angaben über
materielle Verluste oder Schädigungen durch die Ausweisung oder direkte Wiederholungen
mit anderen Berichten weggelassen wurden.

Den Berichten der Lehrer über ihre Geschicke sei aber vorangestellt die Aussage des
Direktors des Kaiser-Wilhelm-Gymnasiums, Andreas Heim, über die Auswirkungen des
Passiven Widerstandes auf die Schüler3'. Heim schreibt:

Durch die massenhaften Ausweisungen wurde große Unruhe in die Reihen der Schüler
gebracht, zumal ein großer Teil aus Beamtenfamilien stammte. Als die Franzosen sich
in den Besitz der Bahnen gesetzt hatten, war es den Fahrschülern, die oft einen Weg von
mehreren Stunden zurückzulegen hatten, nicht immer möglich, rechtzeitig zur Schule
zu kommen, was störend auf den Unterricht einwirkte. Es kamen manchmal Verspätungen
von 1 - 2 Stunden vor. Die allzu entfernt Wohnenden konnten bei schlechtem Wetter
überhaupt nicht kommen, besser Situierte suchten Unterkunft in Trier, die aber nur
schwer zu finden war. Viele auswärtige Schüler konnten nur unter großen Schwierigkeiten
nach Hause kommen und mußten morgens schon früh das Elternhaus wieder verlassen
, so daß sie nicht am Mittagessen der Familie teilnehmen konnten. Diese Umstände
übten einen sehr nachteiligen Einfluß auf Unterreicht und Erziehung aus. Hervorzuheben
ist andererseits die tadellose vaterländische Gesinnung und Haltung der Schüler, die
sich in dieser schweren Zeit glänzend bewährte und sicherlich gerade durch die widrigen
Verhältnisse genährt und gestärkt wurde.

Die Berichte der Lehrer
über ihre Ausweisung in das unbesetzte Deutschland

Joseph Christoffel, Hindenburg-Gymnasium

Am 9. Februar 1923 gegen 11 Uhr vormittags wurde mir der Befehl zu meiner Ausweisung
zugestellt, zugleich mit der Aufforderung, mich um 11 1/2 Uhr desselben Tages auf
dem Hauptbahnhof Trier zum Abtransport zu melden; meine Frau mußte 4 Tage später
das besetzte Gebiet verlassen haben. Als Grund für meine Ausweisung war angegeben
worden: »Ständige Aufreizung seiner Schüler gegen die Besatzungsbehörde«. Diese Begründung
ist unwahr und unsinnig. Meiner und meiner Amtsgenossen Vertreibung ist
nur verständlich im Rahmen des großen Vernichtungskampfes, den Poincare6' 1923 gegen
Deutschland eröffnete. Ruhreinbruch, um die deutsche Wirtschaft zu vernichten,.
Erzeugung separatistischer Umtriebe, um der rheinischen Bevölkerung den Wunsch
nach staatlicher Trennung von Preußen - Deutschland einzuimpfen, und eine rücksichtslose
Vertreibung derer, die an erster Stelle Hort und Hüter des deutschen Gedan-
kes am Rhein sein -wollen und sein müssen, waren die drei Mittel, die Frankreich an das
letzte Ziel seiner Ostpolitik führen sollten. Mit dem Ruhreinbruch begann daher gleichzeitig
die Vertreibung der Lehrer an höheren Lehranstalten, welche die Franzosen längst

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