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zenden, mit der Leitung der hiesigen Nationalsozialistischen Partei umgehend zu verhandeln
, damit die Fahne bis spätestens Mittwoch, den 8. März abends wieder entfernt
werde.
Sollte wider Erwarten die Fahne bis zu diesem Zeitpunkt von der SA bzw. von der Nationalsozialistischen
Partei noch nicht entfernt worden sein, so müßte das Bezirksamt
ersucht werden, daß unter dessen Schutz die Fahne entfernt werden kann.« Der Gemeinderat
Russ (Vorsitzender), Wenner, Herbster (Urkundsbeamter), Fischer (Ratschreiber
).
Diese kurze Darlegung aus einer Sitzung des Gemeinderates beweist, wie sich auch in
Schopfheim die Nationalsozialisten in die Macht setzten. Interessant ist, festzustellen,
daß vom 7. März bis zum 2. Mai keine Gemeinderatssitzungen mehr stattfanden. Dann
aber zeigte sich der Gemeinderat in seiner ersten Sitzung am 2. Mai 1933 in einer völlig
anderen Zusammensetzung. Nach dem damaligen Protokoll waren an der Sitzung anwesend
: Bürgermeister Dr. Kefer sowie die Gemeinderäte Brauchle, Gempp, Hänßler,
Jehly, Leppert und Vogt. Heinrich Jehly war damit der letzte und noch einzige sozialdemokratische
Gemeinderat, der geduldet wurde. Allerdings auch nur noch für kurze Zeit,
denn bereits in der 12. Sitzung des Jahres 1933, am 23. Juni, war Heinrich Jehly nicht
mehr dabei. Von nun an konnten die Nazis unter sich sein und schalten und walten, wie
es ihnen beliebte. Welcher Geist sich nun ausbreitete, zeigt die Tatsache, daß in der 15.
Sitzung vom 15.8. 1933 beantragt wurde, die Familie Jehly, die die französische Staatsangehörigkeit
hatte, als lästige Ausländer auszuweisen. Es wurde beschlossen, beim Bezirksamt
zu beantragen, daß der Bruder des letzten sozialdemokratischen Gemeinderates
Heinrich Jehly, Eduard Jehly mit Familie, sowie der weitere Bruder Fritz Jehly, der
damals noch ledig war, auszuweisen. Das ist dann auch so geschehen. 1934 wurde der
beamtete Bürgermeister der Stadt Schopfheim Dr. Kefer in Pension geschickt. Sein Amt
nahm Herr Hans Brauchle wahr, der seine Arbeitskraft zur Hälfte der Volksbank und
zur Hälfte der Stadt zur Verfügung stellte. 1935 wurde Kreisleiter Otto Blank Bürgermeister
. Damit war die Naziherrschaft auf dem Schopfheimer Rathaus besiegelt.
Die Wiedererrichtung der Gemeinde-Selbstverwaltung
Ubergehen wir nun die 12 bittersten Jahre der deutschen Geschichte und wenden uns
dem Jahre 1945 zu. Schon bevor die bedingungslose Kapitulation im Mai erfolgt war,
rückten französische Truppen im April des Jahres 45 in Schopfheim ein. Stadtrechner
Hirling, der nicht der Nationalsozialistischen Partei angehört hatte, wurde als sogenannter
»Unbelasteter« zum Bürgermeister bestellt. Bereits im Sommer trafen sich die
politischen Freunde der verschiedenen Richtungen, um zu beraten, wie es in Schopfheim
weitergehen sollte. Die Militärregierung beauftragte die Parteien, geeignete Persönlichkeiten
vorzuschlagen, die dann gemäß einem Erlaß des Herrn Ministers des Inneren vom
8. 10. 45 über den beratenden Ausschuß zu bestellen waren. Man nannte das Gremium
»Gemeinderatskomitee«. Bürgermeister Hirling legte am 12. 11. 1945 eine Vorschlagsliste
mit der Bitte um Ernennung vor. Mit Genehmigung des Gouvernement Militaire in
Lörrach vom 13. 12. 1945 verfügte der Landrat von Lörrach am 21. 12. 45, daß folgende
Herren in das vorläufige Gemeinderatskomitee bestellt sind:
Müller Adolf, Geschäftsführer, Sozialdemokrat
Faller Walter, Mechaniker, Sozialdemokrat
Egetemeyer Ludwig, Schuhmachermeister, Sozialdemokrat
Tödten Bruno, Malermeister, Kommunist
Kiefer Albert, Bauunternehmer, Demokrat
Meier Otto, Kaufmann, Demokrat
Hilbert Otto, Studienrat, Zentrum
Hertie Waldemar, ölmüller, Kommunist
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