http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1984-01/0050
Durch den provisorischen Kreisausschuß erhielt ich ein Paket Flugschriften, welche ich
in einigen Exemplaren an einige Bürger Buggingens bei Gelegenheit einer Holzverlosung
am 21. März 1849 übergab.
Ich muß mich nun zwar der Begriffsverwirrung anklagen, wenn ich glaubte, daß es jedem
Deutschen erlaubt sei, durch Wort und Schrift seine Meinung zu äußern und es also
keine weitere Gefahr habe, einem anderen etwas zu lesen zu geben, wenn es die Unterschrift
des Verfassers oder Herausgebers trägt, umsoweniger, da ich nach meinen Begriffen
in dem Inhalt dieses Flugblattes keinen Hochverrat erkannte und den Inhalt des ersten
Teils, nämlich »die Ansprache an die Mitbürger auf dem Lande« unterzeichnet von
dem Vorstand und Schriftführer der württemberger Märzvereine, C. Mayer aus Eßlingen
, schon vorher in dem zu Oberndorf erscheinenden »Schwarzwälder Bote« gelesen
hatte. «46)
Der Artikel, den Roggenburger hier anführt, erschien am 29. Dezember 1848 in der
»Dorfzeitung«, einer Beilage zum »Schwarzwälder Bote« Nr. 102.
C. Mayer zeigt sich in diesem Artikel sehr verbittert über die geringen Erfolge, ja Mißerfolge
der Frankfurter Paulskirchenversammlung. Er schreibt:
»Allein mit Schmerzen müssen wir es euch sagen: Es ist in Frankfurt wenig von dem erreicht
worden, was wir erwarteten.
Mit der deutschen Einheit ist's jetzt wie mit dem Turmbau von Babylon.
Man will uns einen neuen erblichen Herrn und Kaiser setzen in Deutschland, dem wir
gehorchen, Steuern und Heerdienst leisten sollen.
Wandert hinüber in jenes Land der Freiheit, wo kein Kaiser und kein König ist und wo
doch die Menschheit glücklich lebt und fromm und tugendhaft, weil dort das Volk sich
mit weiser Mäßigung und in der Fülle seiner Kraft selber regiert.
Aber die neue Verfassung von Deutschland wird nichts taugen, weil sie dem Volk zwar
manches Recht geben, aber die Macht nicht einräumen wird, es zu brauchen und zu
handhaben.«47^
Doch Roggenburger erläutert in seiner Verteidigungsschrift weiter:
»Wie konnte ich dasjenige in Baden für Hochverrat halten, was in Württemberg in einer
öffentlichen Zeitschrift erscheinen darf?
Da in diesem Flugblatt nicht der Weg der Gewalt, sondern nur der Weg der Verständigung
angedeutet ward, so hielt ich es für eine unschuldige Tat.«48^
Roggenburger übt in diesem Zusammenhang an der Großherzoglichen Regierung
scharfe Kritik:
»Übrigens bemerke ich hierbei, daß der Mangel an guten Volksschriften sehr fühlbar
war; hätte die Regierung für Verbreitung guter Volksschriften gesorgt, so hätten
schlechte Flugblätter, selbst unentgeldlich zugeschickte, gar keinen Eingang gefunden.
Die Verteilung dieser Flugschrift ward sogleich dem Großherzoglich Badischen Bezirksamt
in Müllheim denunciert.
Es wurden zu jener Zeit allerorten viele Flugblätter und verschiedenen Inhalts von verschiedenen
Personen verbreitet; weil ich es ein einziges Mal getan und nun in Haft bin, so
werde ich doch nicht alle müßen verteilt haben !«49^
d) Mitglied der Bürgerwehr
Da mir vom Großherzogtum Baden die geeignete Literatur fehlt, beziehe ich meine
Ausführungen in diesem Abschnitt auf Paul Sauers vor kurzem erschienenes Werk.30^
Ich gehe davon aus, daß die historischen Ereignisse jener Zeit in den benachbarten Ländern
Württemberg und Baden ähnlich waren und sich, wie sich noch zeigen wird, überschnitten
.
Die Frage nach der Errichtung von Bürgerwehren trat schon Anfang des Jahres 1847
auf, als es darum ging, den etwaigen Aufruhr revoltierender Bauern niederschlagen zu
können. Besonders in Ortschaften, die nicht ohnehin schon eine Garnison in ihren Mau-
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