http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1984-01/0054
b) Begnadigung
Nachdem Roggenburger weit über ein Jahr in Haft war, wurde er auf einen Antrag des
Justizministeriums hin durch Großherzog Leopold begnadigt.
In der Begnadigung, die am 14. Januar 1851 erfolgte, heißt es:
»Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben auf den untertänigsten Vortrag des Justizministeriums
den nachgenannten Personen den Rest der gegen sie wegen Hochverrat
erkannten Strafen allergnädigst zu erlassen gedacht.«66'
An elfter Stelle auf der Begnadigungsliste für das Korrektionshaus in Bruchsal stand
Roggenburger.
Doch die Begnadigung erfolgte mit dem ausdrücklichen Bemerken, »daß die Freilassung
nur auf Wohlverhalten erfolge und der Strafrest im entgegengesetzten Falle ohne
weiteres vollzogen werden würde. «67'
c) Regreß des Staates
Im Sommer 1849 hatte in Baden die Großherzogliche Regierung wieder die Macht
übernommen, nachdem der Großherzog im August aus dem Exil zurückgekehrt war.
Damit begann nicht nur die Zeit der Inhaftierungen und Strafprozesse. (Diese Prozesse
fanden vor den Hofgerichten statt, soweit sie nicht von preußischen Standgerichten
durchgeführt wurden, da die Großherzoglich Badische Regierung am 1. August 1849 die
Schwurgerichte aufgehoben hatte.)
Aber auch das Finanzministerium erhob Klage gegen die Teilnehmer an der Revolution
. Es machte sie alle zusammen für den Schaden von über 3 Millionen Gulden, den die
Revolution angerichtet haben sollte, haftbar. Dies kam für die Betroffenen einer »Vermögenskonfiskation
« gleich.
In der Folge wurden vor allem diejenigen Teilnehmer an der Revolution belangt, die
ihre Strafen bereits im Korrektionshaus abgesessen hatten. Auch Roggenburger gehörte
dazu. Nach seiner Entlassung aus der langen Haft erhob die Generalstaatskasse in Karlsruhe
Klage gegen ihn.
Am 31. Juli 1851 erließ das Bezirksamt in Müllheim ein Urteil, das vom Finanzministerium
in Karlsruhe am 2. September 1851 bestätigt wurde. Es enthielt eine unglaubliche
Forderung: Roggenburger sollte binnen 14 Tagen zusammen mit den restlichen Teilnehmern
an der Revolution den Betrag von 3 Millionen Gulden an die Generalstaatskasse
entrichten!!68'
Im Februar 1852 wurde dieses Urteil vom Großherzoglich Badischen Hofgericht des
Oberrheinkreises in Freiburg bestätigt! (Der vollständige Wortlaut ist unter Anmerkung69
' zu finden).
Darufhin richtete Roggenburger ein ausführliches Schreiben an das »Großherzogliche
Höchstgewißliche Finanzministerium«. In diesem Schreiben vom 18. März 1852 bittet
Roggenburger: »mir eine, meinen Verhältnissen und dem unbedeutenden Grade meiner
Beteiligung an den politischen Bewegungen des Jahres 1849 entsprechende, in mehrjährigen
Terminen zu zahlende Summe zu bestimmen und mich jeder weiteren Samtverbindlichkeit
zu entheben.«70'
Als Begründungen für diese Bitte führte Roggenburger mehrere Punkte an: das über
ihn gesprochene Strafurteil sprach sich nicht über eine finanzielle Schädigung des Großherzogtums
durch ihn aus, er habe das ihm zur Last gelegte Verbrechen hinreichend gesühnt
, er habe sich nach seiner Entlassung in den Stand der Ehe begeben, seine Schwester
sei gestorben und habe vier unerzogene Kinder hinterlassen, der Schwager, also Ehemann
der Schwester, sei als Teilnehmer der Revolution nach Amerika gegangen, er, Roggenburger
, habe das Elternhaus der Kinder für ihre spätere Zukunft erworben. Als Beleg
für diese Begründungen legte Roggenburger in der Anlage ein Zeugnis des Gemeinderats
von Buggingen bei, das ihm die Richtigkeit seiner Angaben bestätigte.
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