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aber unkomplizierte Art der Wahl. Noch im 17. Jh. folgte der Wahl sofort die »Präsentation
«. D.h. ein Vertreter des Oberamtes, meist der Landschreiber, stellte den Gewählten
nunmehr als »Vorgesetzten« vor, bestätigte die Wahl, vereidigte ihn (sie) und setzte
den neuen Vogt bzw. beide ins Amt ein. Danach folgte die Benachrichtigung der Regierung
über die Wahl. Im Jahre 1713 wurde angeordnet, daß das Wahlergebnis jeweils anhand
der Protokolle zuerst der Regierung zu melden sei, erst nach Bestätigung Durlachs
dürfe die Präsentation erfolgen. Danach kam es manchmal vor, daß Mißliebige nicht bestätigt
wurden, aber dann der mit der nächstbesten Stimmenzahl ins Amt eingesetzt wurdet
Das »Gericht«., der Rat würden wir heute sagen, bestand neben den beiden Vorgesetzten
in größeren Orten aus 12 ebenfalls von den Dorfleuten gewählten »Richtern«.
Manchmal waren 1 oder 2 kleinere Nachbarorte diesem Gericht angeschlossen, sie teilten
dann die Zahl 12 unter sich auf und stellten auch einen Stabhalter. Manche Orte hatten
auch nur 9 oder 7 Richter. Das hat wohl mit der Größe der Orte zu tun, vielfach sicher
auch mit einem Gewohnheitsrecht, dem »alten Herkommen«. Auch die Bezeichnungen
können verschieden sein. In Auggen z.B. wurden jeweils an Martini »Geschworene
« gewählt, die Richter nämlich, die wie die Vorgesetzten auch'vereidigt wurden.
Z.T. mögen es Ersatzwahlen für Verstorbene oder sonst Ausgeschiedene gewesen sein,
z.T. mag die Amtsdauer abgelaufen sein. Es erfolgte eine Art Rotation und laufende Ablösung
, die Gründe können nur vermutet werden, aus den Belegen sind sie nicht zu entnehmen
.
2) Die verschiedenen Dorfämter
Bei den Aufgaben und frühen kleinen Ämtern wird deutlich, daß die historische
Selbstverwaltung zwar gewisse Ähnlichkeiten mit der heutigen hatte, aber doch auch etwas
anderes war. Sie war vor allem stärker beeinflußt von herrschaftlichen Interessen,
die aber nicht auf Willkür beruhen durften, sondern dem »guten, alten Recht« entsprechen
mußten. Aufgabe der Dorfgerichte war
1) Bestimmungen und Anordnungen zu treffen, die dem gemeinsamen Leben im agrarischen
Jahreslauf zu dienen hatten. Das waren Anordnungen über gemeinsame Aussaat
und gemeinsame Ernte in der Dreizelgenwirtschaft, gemeinsamen Weidegang
und Benützung der Allmende, z. B. die Nutzung der Eichelmast, des »Eckerit«.
2) Die Einhaltung der öffentlichen Ordnung, im Wirtshaus, an Festen, die Überwachung
der »guten Sitten«, des regelmäßigen Schulbesuchs, die Sorge für die Waisen,
das Fernhalten von »Vaganten«, Landstreichern und Bettelvolk. In den notvollen
Zeiten der vielen Kriege wurde die geplagte Bevölkerung oft Tag für Tag überlaufen,
vielenorts gab es deshalb auch den Bettelvogt, um etwas für die Hilflosesten zu tun.
3) Eine ganz alte Aufgabe war es, das örtliche Gericht für privatrechtliche Dinge zu sein;
vor ihm konnten Grundstücksgeschäfte vereinbart, Eheverträge, Vermächtnisse,
Erbschaften geschlossen oder beurkundet werden. Vor allem im 18. Jh. wurde freilich
streng darauf geachtet, daß diese Vertragssachen und Rechtsinstrumente von der
Landschreiberei geprüft und nur vor ihr rechtskräftig wurden, denn der einzige Jurist
im Oberamt war der Landschreiber. Diese Regelung war sicher notwendig; sie brachte
freilich auch Gebühren ein, die z.T. der Staatskasse zuflössen, z.T. aber auch der
Entlastung des Personalkostenaufwands diente, da ein Teil davon in Form der » Acci-
denzien« dem Landschreiber als Teil der Besoldung zufloß.
4) Viel Zeit verlangte die Aufgabe des Ortsgerichts, Hilfsorgan der Staatsverwaltung zu
sein. Hier galt es, bei der Erstellung der Steuergrundlagen, der Kataster bzw. Beraine
und beim Steuereinzug der »Einnehmer« zu helfen.
Als Dorfämter für diese Aufgaben gab es den Waisenrichter, den Almosenpfleger, den
Baumeister (der manchmal auch anders bezeichnet wird), den Kirchenpfleger/Bettel-
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