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nicht zu häufig in dasselbe Dorf kommen. Vermutlich war das auch auf das »Abhören«
der Gemeinderechnungen gemünzt, das einmal im Jahr erfolgen sollte (es war die Rechnungsprüfung
nach heutigen Begriffen). »Nicht ohne ist, daß diese Rechnungen kostbar
fallen, wann schon der Rechner endlichen bey dem geordneten Tax verbleibet, so kann
jedoch nicht gehindert werden, daß die Vorgesetzte, Gemeinschaffner, Geschworene
nicht auch leben, welche öfters 2 und mehr Tag damit zubringen, und da man denen Ge-
meinds-Vorstehern solche Verfertigung nicht überlasset, wie ehedessen gewesen, wäre
das Beste - ohne gehorsamste Maßgab (eine Floskel, die sich an den gedachten Markgrafen
richtet, d. Berichterstatter) - alle 2 Jahr nur dise Rechnungen zu Erspahrung der Cö-
sten, stellen zu lassen«.
Ärger, wenn Vögte an Ganten mitbieten
»Es ist verboten für Amtleute, Vögt, Anwält und Burgermeister, Pfleger in Pflegschaftssachen
, so an öffentlichen Verganthungen am Stab geschehen (also vor dem örtlichen
Gericht, d. B.), sich einzumischen oder mitzubieten«. (Fol. 200-202, a. d. Jahr
1710). Grund für dieses »Mandatum« war, die »Untergebenen« nicht davon abzuhalten,
nicht abzuschrecken, bei solchen Versteigerungen mitzubieten. Leutrum äußert Bedenken
: »Ein Dorffsvorgesetzter oder sonsten in gemeinem officio stehender Mann, wofern
er außer etwa der Fronfreiheit nichts ziehet, im Gegentheil seine Zeit verliehret und die
Geschäfften versäumet, deterioris conditionis (minderen Rechts) wäre als ein gemeiner
Burger und schwerlich als Vorgesetzter beibehalten werden könnte«. Dies wäre mehr
schädlich als nützlich. Jeder Dorfsvorgesetzte mache sich sowieso viele Feinde, welche-
wenn der Vogt auf etwas bietet - ihn abbieten und ohne Scheu auf den höchsten Preis
treiben, aus Jalousie, aus Neid, wie er sich ausdrückt. »Wenn die Vorgesetzte z. B. bei
herrschaftlichen Zehnt-Verlehnungen (= jährlichen Zehntversteigerungen, die bei Getreide
noch am Halm erfolgten und Kenntnisse und Geschick erforderten) nicht bieten
thäten, die Versteigerungen niemals die Ergebnisse brächten, die sie jetzt bringen«. Bei
der üblichen Anwesenheit von Beamten der »verrechneten Dienste« seien Mißbräuche
nicht möglich, denn die Vögte dürften in solchen Fällen natürlich nicht »den Stab führen
«, also nicht gleichzeitig den Vorsitz bei dieser Gerichtstagung haben, andernfalls seien
sie hohen Strafen verfallen, wenn sie zu ihrem Vorteil handelten.
Gerade Mitteilungen wie diese, bei denen Leutrum seine eigene, abweichende Meinung
mitteilt, sind außerordentlich interessant, einmal weil sie die Meinung widerlegen,
die Beamten seien nur Kreaturen der absolutistischen Landesherren gewesen (wenngleich
es solche natürlich auch gegeben hat), zum anderen weil sie uns damit Einblick in
die damalige tägliche Praxis der Verwaltung und in Motive und Verhalten der Bürger und
ihrer Selbstverwaltungsorgane geben.
Eine Verordnung zur Tätigkeit der Geschworenen
Am 12. Oktober 1713 (fol. 208) ist folgendes Mandatum ergangen: »Occasione einer
zu Bintzen geweßenen fürstl. Commission ist wahrgenommen worden, daß der Stewer-
Ansaz stärcker seye, als der Betrag in die fürstl. Burgvogtei gelifert werde, dahero gn.
befohlen worden, disen Mißbrauch aller Orthen abzustellen und die Ordnung einzuführen
, daß
lmo der Stewer Einzug von keinem Vogt mehr besorgt werde,
2do das Umlagsregister jeden Orths proportionaliter geschehen, d. h. waß die
Burgvogteischuldigkeit, als wohin (woher?) die Stewer abfallet, vermag.
3tio die Umlag nach dem Burgvogtei-Lagerbuch eingerichtet werde,
4to sollen die Geschworenen nach der vom Vogt und Gericht gemachten Re-
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