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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
46.1984, Heft 1.1984
Seite: 133
(PDF, 35 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1984-01/0135
Unsere Justitia trägt ein schweres, kostbares Brokatgewand mit vertieften Längsstreifen
über der Brust, das im Uberkleid dazu noch schräggestreift ist. (Abb. 1) Dieses reicht
bis zum Knie und zeigt dann das gleiche Muster wie der Rock. Den halbtiefen Halsausschnitt
mit weichem umgelegten Kragen hält in der Mine eine runde, gewichtige Brosche
. (Abb. 2) Dicht unter der Brust wird das Kleid von einem langen, seitlich eingefaßten
Gürtel mit Metallschließe gehalten. Sein randverziertes Ende schwingt, in Betonung
der Körperhaltung, fast bis an die kräftig gerippte Rocksaumborte. (Abb. 1) Der Rock
ist vorne und hinten spitz zugeschnitten. Seine beiden Enden schmücken in Wadenhöhe
große Troddeln. Der Schnitt erinnert an eine Vorzeichnung zu Figuren des Maximiliansgrabes
in Innsbruck, wo Königin Elisabeth ein solches Uberkleid mit großen Troddeln
als 4. Figur auf dem vorderen Vorsatzpapier von E. Eggs Arbeit trägt.6)

Ein feiner geraffter Umhang, vorn um die rechte Schulter befestigt, verläuft rückwärts
zum linken Handgelenk, von dort aus verdeckt zum rechten. Sein Ende erreicht mit
leichtem Schwung den Schwertgriff, wo es die Hand festhält. Darunter werden bis zum
Knie senkrechte Falten sichtbar.

Die Körperhaltung weist die typische Hervorhebung der Hüft- und Bauchpartien auf,
wie sie u. a. besonders deutlich bei Dürers Kupferstich »Nemesis« oder das »große
Glück« von 1503 festzustellen ist. Die geharnischten Unterschenkel der Justitia, durch
drei Querwulste verstärkt, zeigen Löwenköpfe als Knieverzierung. Breitbeinig steht sie
in den längsgestreiften »kuhmäuhgen« Schuhen der Zeit auf einem einfachen strukturierten
Kissen, das etwas an eine parademäßige Aufstellung zeitgenössischer Triumphzüge
oder an Heiligenbilder erinnert.

Das Holzmodel der Justitia ist für die Gießform unbeschädigt verwendet worden. Die
Platte blieb, besonders in den Kopf- und Brustpartien, recht gut erhalten. (Abb. 2) In der
Hintergrundfläche sind einige größere Rauhstellen sichtbar.

Auch der altrömische Kriegsgott Mars in der rechten Rahmung (Abb. 1) trägt ursprüngliche
Attribute wie Helm, Schild, Panzer und Schwert, die Lanze fehlt. Bei der
Wiedergabe von antikem Kulturgut hat die Renaissance Fantasie entwickelt und neue ornamentale
Formen gefunden.

So fällt hier bei Mars der imponierende, kostbare Paradehelm auf (Abb. 3), ein mächtiger
Flügelhelm, zwischen dessen Fittichen der schlanke »Hals eines Vogels« sichtbar zu
werden scheint, dessen »Schnabel« den nach oben geklappten spitzen Panzer des Gesichtsvisiers
»hält«. Es handelt sich aber um ein langes Volutenornament der Fassung der
Helmzier mit kurzen Roßhaarborsten, das hinten bis an den Nackenschutz reicht.

Ungewöhnlich scheint hier auch eine reifartige, schmale Kronenform mit vielen kleinen
, gleichgroßen Zacken auf dem Helm zwischen den Flügeln. Im »Weißkunig« 1516
mit Holzschnitten von Hans Burgkmaier trägt Kaiser Maximilian I. im großen Rat der
16 Nationen einen ähnlichen Kronreif, der in der Folge variiert. Schläfen und Wangen
schützen je fünf schmale, sich verjüngende Metallplatten seitlich, die über der Kehle geschlossen
sind. Das Haar tritt etwas unter dem Nackenschutz hervor.

Das männliche Gesicht, gleichfalls noch etwas in Dreiviertelansicht, beherrscht ein
energisches Auge, das ebenfalls auf sein Gegenüber blickt. Die kräftige, leicht gebogene
Nase mit schmalen Nasenflügeln sitzt über einem seitlich herabhängenden Schnurrbart.
Das etwas vorgeschobene Kinn bedeckt ein kurz gehaltener Backenbart.

Aus Symmetriegründen der Zweierkomposition und wegen der Bewegung ist Mars
hier zwangsläufig als Linkshänder dargestellt, sein etwas größerer Zeremonialschwert
jedoch steiler gehalten. (Abb. 1) Ein betonter Akzent liegt in dem noch größeren Scheibenknauf
. Die Parierstangen beider Waffen sind auch gegenläufig geformt. Den längsovalen
Schild mit zwei Schildfesseln hält der gepanzerte rechte Arm nach unten. Auch
Mantegna (tl506) verwendet diesen Schutzschild verschiedentlich. Die Form kann auf
den Schild der Marmorstatue des Mars (Ende 1. Jh. n. Chr.) im Kapitolmuseum in Rom
zurückgehen. Die Hände unseres Mars bleiben ungewappnet.

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