http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1984-02/0026
Ein zweigeteiltes Dorf
Ob dem Bächlein und nid dem Bächlein
Das am 1. Januar 1970 in die Stadt Müllheim eingemeindete Dorf Vögisheim hat eine
Geschichte, die durch Jahrhunderte an Zustände erinnert, wie sie in der Folge von Kriegen
in der Neuzeit sich ergeben haben. Wir denken dabei an das geteilte Deutschland, an
die geteilte frühere Reichshauptstadt Berlin. Auch das Dorf Vögisheim war lange Zeit
hindurch in zwei Herrschaftsbereiche geteilt, nur mit dem einen Unterschied gegenüber
den heutigen Teilungen, daß es stets ein in sich geschlossenes Dorf bildete mit einem
Vogt oder Stabhalter an seiner Spitze. Die politische Teilung der Gemeinde wurde äußerlich
gekennzeichnet durch den Bach, der mitten durch das Dorf floß. Alles, was »ob dem
Bächlein« lag, gehörte zur Herrschaft Hachberg-Sausenberg mit dem Oberamt Rötteln,
alles, was »nid dem Bächlein« lag, gehörte zur Herrschaft Badenweiler mit dem Amtssitz
in Badenweiler. Diese Teilung geschah, wie in einer alten Urkunde zu lesen ist, vor »ohn-
verdenklichen Zeiten«, genauer gesagt um das 12. Jahrhundert. Es war die Zeit, als die
Herzöge von Zähringen eine hervorragende Stelle unter den alten und mächtigen Geschlechtern
der alemannischen Lande einnahmen. Unter den Zähringern wurde die Burg
Baden in Badenweiler gebaut, das damals noch Baden hieß. Etwa um 1100 hören wir von
der Herrschaft Badenweiler. Die Propstei Bürgeln entstand; 1170 wurde die Stadt Neuenburg
am Rhein von den Zähringern gegründet, die als Breisgaugrafen darauf bedacht
waren, ihren Besitz und ihre Machtstellung zu schützen und zu festigen. 1218 starb der
letzte Zähringer Herzog, Berthold V; er wurde im Freiburger Münster bestattet, Helm
und Schild wurden ihm mit in die Gruft gegeben.
Auf diese Herrscher lassen sich die Namen Markgrafschaft Baden und für unseren engeren
heimatlichen Bereich das Markgräflerland zurückführen. Dazu eine Deutung, wie
es zu diesen Namengebungen gekommen ist. In dem im Jahre 1881 in der G. Braun-
schen Hofbuchhandlung in Karlsruhe erschienenen Buch über »Die Zähringer in Baden
« bemerkt dessen Verfasser, Dr. Friedrich von Weesch, Geh. Archivrat am großherzoglich
badischen Landesarchiv, u.a.: Nicht eine ursprüngliche Markgrafschaft Baden -
die es nie gab noch geben konnte, da Baden nicht an den Grenzmarken des Reichs lag,
von denen der markgräfliche Titel herzurühren pflegte - hat der Linie des zähringischen
Hauses - den Titel der Markgrafen von Baden gegeben, sondern die neuen Besitzer haben
ihn mitgebracht und erst ihrerseits der neuen Besitzung beigelegt. Von den Söhnen
Herzog Berchtolts I. von Zähringen hatte der zweite, Hermann, nach der Markgrafschaft
Verona den Titel eines Markgrafen angenommen, den er und seine Nachkommen
fortan zu führen pflegten, als auch Herzogtum und Markgrafschaft verloren waren. Ende
des 13. Jahrhunderts nennen sich die Nachkommen Hermann I. Markgrafen von Verona
allein oder von Verona und Baden. Erst dann fällt der Namen Verona weg, der später
um so mehr völlig in Vergessenheit geriet, als infolge der politischen Ereignisse das badische
Land in der Tat zu einer Grenzmark wurde.«
Mit dem Tod des kinderlosen Berthold V. fielen die Teile, aus denen sich der bedeutsame
Länderkomplex zusammensetzte, auseinander. Die burgundischen Lande, vom
Reich zu Lehen gegeben, fielen an das Reich zurück, das von dem jungen Kaiser Friedrich
II. regiert wurde. Die Städte Zürich und Solothurn, Bern und Freiburg im Uchtland
begannen, sich als freie Glieder des Reiches mächtig zu entwickeln. Unsere Heimat kam
unter die Herrschaft der Grafen von Freiburg, die aus dem Grafengeschlecht von Urach
stammten, dessen Stammburg über dem Städtchen Urach an der Schwäbischen Alb sich
erhob. Erbteilungen ließen die Herrschaftsgebiete immer kleiner werden. So fielen 1190
durch Teilung die südlichen Teile des heutigen Markgräflerlandes an die Markgrafen von
Hachberg, nach der Hachburg (Hochburg) bei Emmendingen so benannt. Die Herren
von Hachberg waren direkte Nachkommen der Markgrafen von Baden, einem Seiten-
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