http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1984-02/0138
Nollingen
Werfen wir nun noch einen Blick auf die Einträge, die unter »B Nollingen« zu finden
sind. Hier zeigt sich der fundamentale Unterschied. Der aus dem Boden gestampften Industriesiedlung
Rheinfelden stand damals noch das gewachsene Bauerndorf Nollingen
gegenüber. Bürgermeister Adolf Senger hat in Nollingen einen Ratsschreiber, einen Polizeidiener
und einen Nachtwächter zur Hand. Die Schule leitet Oberlehrer Anton Neininger
. Pfarrer war Otto Fetzner.
Sehen wir von August Sengers Manufakturwarenlager und Meinrad Brutschis Eisenhandlung
ab, so schält sich bei der Analyse der Berufsbezeichnungen ein astreines Bauerndorf
heraus. Wir haben 14 Landwirte, einen Waldhüter, einen Hilfswaldhüter, einen
Maurermeister, einen Bäckermeister, einen Schneidermeister, einen Drechsler, einen
Fleischbeschauer und einen Steinsetzer.
Karl Sailer war Wirt im »Gasthaus zum Adler«. Die »Sonne« war zugleich Mineralwasserfabrik
und hatte Herrn Sucher als Besitzer, der den merkwürdigen Vornamen Po-
likarpus trug.
Die Vereine sind nicht nach Ortsteilen getrennt aufgeführt. Dennoch gehen wir gewiß
nicht fehl, wenn wir den Radfahrerverein mit seinem Präsidenten Alfred Müller, den
Kreditverein (Präs. L. Baumgartner) und die Werkmeisterverbindung in Rheinfelden
ansiedeln.
Außerdem sind für Nollingen und Badisch-Rheinfelden verzeichnet: Männerchor,
Präsident Emil Blum; Gesangverein Eintracht, Präsident August Jung; Gesangverein
Harmonie, Präsident Karl Streule; Frauenverein, Präsidentin Frau Schröter; Vinzenti-
usverein, Präsidentin Frau Würth; Turnverein, Präsident Hermann Linsin; Musikverein
, Präsident August Auer; Allgemeiner Konsumverein, Präsident Friedrich Jung;
Kranken-Unterstützungsverein, Präsident Konrad Fischer; ein zweiter Kranken-Unterstützungsverein
wird seltsamerweise auch unter Pfeifenklub aufgeführt, Präsident
August Auer; es folgen zwei Militärvereine, einer unter Präsident Thadäus Hug, der
zweite unter Präsident Emil Brutschi. Wir hören von einem Landwehr- und Reservistenverein
, Präsident Hermann Linsin; einem Schwarzwaldverein, Präsident Otto Liebinger
; einem Gewerbeverein, Präsident Wilhelm Kempter; einer Gesellschaftlichen
Vereinigung, Präsident Otto Würth; einem Cäcilienverein, Präsident Gustav Häbig,
und schließlich von einem Bauernverein, Präsident Fr. Baumgartner.
Wer sich die Zeit nimmt und die vorliegenden Details gedanklich verarbeitet, kommt
zu interessanten Schlüssen. Mancher Industrie- und Handelszweig jener Jahre starb aus,
viele neue traten an ihre Stelle. Nur zwei Menschenalter trennen uns von jener Zeit, die
für Rheinfelden so stürmisch begann. Wie mag es wohl weitergehen?
Quellen:
Markgräfler Adreßbuch 1908
Rheinfelden - Bilder aus einem halben Jahrhundert seiner Geschichte. Verl. d. Südkurier
Treffpunkt Rathaus; Herausgeber Stadt Rheinfelden
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