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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
46.1984, Heft 2.1984
Seite: 180
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Division Ferino sich befunden, welches die Gegend weit umher unsicher gemacht habe. Besonders
meisterlos erzeigten sich herumschwärmende Husaren, die gerne Frauen und Mädchen in den Feldern
überfielen und ängstigten ... Als die Franzosen unter Moreau auf ihrem Rückzug im Oktober
1796 von Schwaben her gegen das Breisgau kamen, herrschte daselbst große Angst und Verwirrung.
'Die Franzosen sind geschlagen und retiriren,' hieß es, 'sie rauben und plündern, sengen und brennen
, wo sie hinkommen.' — In Heitersheim flüchteten die Einwohner mit Allem, was sie in der Eile
fortbringen konnten, in die Wälder. Eine arme Witwe, die krank lag, mußte mit ihrer Tochter, die
ihre Pflegerin war, zurückbleiben. Am nächsten Morgen kamen mehrere Banden Reiter und Fußvolk
in das Städtlein, brachen in die verschlossenen Häuser, raubten was sie fanden ... In wilder Be-
gierlichkeit rennt [einer] gegen das Haus und tobt und rüttelt an der verschlossenen Thüre, bis diese
endlich einbricht ...«. Die Tochter tritt ihm entgegen, weist auf ihre kranke Mutter »und schaute
dem rauhen Kriegsmanne treuherzig und mild in's verderbenblitzende Auge. Uberwältigt und gerührt
durch die Unschuld und Schönheit des Mädchens, steht der Soldat da, ohne ein Wort hervorzubringen
... Er wirft den vollen Beutel mit den Worten zu ihren Füßen: 'da nimm für deine Mutter
- eine brave Tochter du!' und stürzt zur Thüre hinaus auf die Straße ... Mutter und Tochter sind
längst gestorben, und auch der Soldat wird aus dieser Zeitlichkeit geschieden seyn, aber die That
lebt bis heute noch im Andenken des dortigen Volkes.« Da hat Hebel Pate gestanden, möchte man
anfügen ...

»Auf dem Schlosse der Herren zu Bamlach ... hauste vor Zeiten der gewaltige Marschall, gefürchtet
und gehaßt von seinen Unterthanen. Alle Ortseinwohner mußten ihm Frondienste thun, wie
und wann es seinem Ubermuthe gutdünkte. - Einmal hatten die Frauen im Schlosse eine Wäsche,
wobei die meisten Weiber des Dorfes fronweise mitthun mußten. Nach vollbrachter Arbeit wurde
die Leinwand auf einer Wiese ... zum Trocknen ausgebreitet. Da begab es sich später, daß ein Stück
Wäsche vermißt wurde, worüber der Burgherr so aufgebracht ward, daß er einem armen Manne,
der viele Kinder hatte, einen Acker wegnehmen ließ, blos weil das Grundstück an jene Wiese angrenze
. Durch solche und ähnliche Gewaltthaten vergrößerte er sein Gut immer mehr ... Nachdem
endlich das Maß seiner Sünden voll war, bekam der Kaiser Kunde von diesen Ungerechtigkeiten
und ließ den Marschall zur Verantwortung und Strafe nach Wien fordern. Der Geladene erschien,
ohne im Mindesten Reue über das Geschehene an den Tag zu legen. Der Kaiser und sein Gericht
sprachen das Urtheil: daß er zur Strafe seiner Vergehungen die 'Jungfrau [= Eiserne Jungfrau] küssen
' und noch drei Tage zur Reue und Buße haben solle. Nachdem der Ritter hingerichtet war, sandte
der Kaiser, zum Zeichen der vollzogenen Strafe, den Bamlachern des Marschalls Hut mit dem Befehl
, daß den Beraubten ihr früheres Eigenthum wieder zurückerstattet werden solle. Ehe aber das
Wahrzeichen noch an Ort und Stelle ankam, war der ruhelose Geist des Verurtheilten schon da, und
rumorte auf dem Schlosse und den Gütern, wo oft in finstern Nächten Vorübergehende beunruhigt
und in die Irre geführt werden. Und noch bis auf den heutigen Tag geht man den Bamlacher Weg
nach dem Schlosse nicht gerne um Mitternacht ...«. J. Künzig hat in seine »Schwarzwald-Sagen«
(Düsseldorf, 3. Aufl. 1976) diese Sage mit hereingenommen und auch auf den Reichschen Band eigens
verwiesen, des weiteren zitiert Künzig Baders Aufsatz »Die ehemalige Herrschaft Bamlach
und Rheinweiler« (in: »Badenia. Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung«. Heidelberg
1864): die beiden Orte galten im 15. Jahrhundert als Reichslehen: »Die Fronen der Dorfleute
beim Aernten und Herbsten, Mähen und Heuen, waren ungemessen; es mußten aber die Fröner mit
2 Schillingen nebst Brot und Wein für den Tag verköstigt werden.«

Aus oben zitierten Texten läßt sich der Charakter des Erzählten und Berichteten in den »Wanderblühten
« mühelos ersehen. Reich ist daran gelegen, Historisches und Tradiertes durch das Medium
seiner persönlichen Aussageweisen auch für einen breiten Leserkreis neu zu beleben. Die Tatsache,
daß er wiederholt auch an Baders »Badenia« mitgearbeitet hat, bestätigt dies vollauf. So romantisierend
uns manche seiner Ausführungen auch erscheinen wollen, unser Autor verschließt sich in keiner
Weise der Wirklichkeit und erst recht nicht den Absonderlichkeiten und Grausamkeiten geschichtlichen
Geschehens. Dabei unterläßt er es nie, was er gesehen und erlebt, sachlich-anschaulich
wiederzugeben. Beenden wir so unsere Ausführungen und Zitationen mit einigen Auszügen
seiner Heitersheimer-Schloß-Beschreibungen: »Etwas entfernt von dem Städtlein erhebt sich aus
der Ebene die johannitermeisterliche Burg, einst der Sitz der Großpriore deutscher Zunge; heut zu
Tage aber Privateigenthum und größtentheils unbewohnt. Das weitläufige Gebäude mit seinen massiven
Eckthürmen und Gräben macht zwar von außen noch immer den Eindruck geziemender Festigkeit
, wenn wir aber durch das verwitterte Thor in das Innere schreiten, so mahnt uns Alles an die
Vergänglichkeit irdischer Macht und Einrichtung. In dem Querbau, welcher den grasbewachsenen
Hof räum in zwei Hälften scheidet, werden die Zimmer gezeigt, wo ehedem der Prior gewohnt;
aber die weiland fürstlichen Gemächer sind leer, und ihre eingebrochenen Decken und zerrissenen
Tapeten dienen nur noch den Spinnen und Mäusen zum Aufenthalt, während die übel verwahrten
Fenster dem Wind und Wetter Einlaß geben ...«.

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