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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
47.1985, Heft 1.1985
Seite: 93
(PDF, 34 MB)
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gen sorgten dafür, daß es auch am Badischen Hof immer einzelne Reformierte gab. Deswegen
kamen wieder nach 1581 Basler Pfarrer - wie einst Sulzer vor der Witwe des
Markgrafen Ernst - zu Predigtdiensten für das Fürstenhaus. Johann Heinrich Hoff mann
(1635-1687), später Archidiakon, wirkte von 1660 bis 1667 und Johann Jakob Leucht
(1636-1709), später Pfarrer in Binnigen und Buus, 1669 als Hofprediger bei der Markgräfin
Maria Juliana von Baden auf Schloß Friedlingen. Im 18. Jahrhundert folgte eine
ganze Reihe von Basler Theologen am Karlsruher Hof, zuerst (1722) Samuel Grynäus
(1690-1765) aus dem bereits bekannten Geschlecht: Er wurde später Pfarrer in Wintersingen
. Bedeutend, vor allem durch seine Söhne, war Ernst Ludwig Stickelberger (1706-
1786) von Basel als Stadt- und Hofprediger in Karlsruhe. Damals allerdings hatte der alte
Konfessionalismus seine Schärfe schon längst verloren. Die Bevölkerungsvermischung,
die Polemik verbietende Basler Hilfe an Baden und die der orthodoxen Dogmatik sowohl
durch die Aufklärung wie auch durch den Pietismus zuteil werdende Irrelevanz
standen dieser Entwicklung Gevatter.

Aufklärung und Pietismus

Die kirchlichen Grenzüberschreitungen zwischen Basel und dem Markgräflerland
waren im 18. Jahrhundert weder intensiv noch bemerkenswert. Im Gegenteil: Vor allem
die Frömmigkeitsgeschichte ging unterschiedliche Wege. In Baden setzte sich die rationalistische
Vernunftgläubigkeit der Aufklärung durch, in Basel gewann die auf persönlicher
Wiedergeburt und der freudigen Teilnahme an erwecklichen Zirkeln aufbauende
Haltung des Pietismus, wie sie etwa Nikiaus Ludwig Graf von Zinzendorf (1700-1760)
predigte, Anhang. Der Protestantismus in der Markgrafschaft empfing damals seine lange
nachwirkende liberale Prägung, während südlich der Grenze - vor allem mit der 1780
erfolgten Gründung der Deutschen Christentumsgesellschaft - die Entwicklung zum
»frommen Basel« einsetzte.

Das soll nun aber nicht heißen, daß es im Markgräflerland keine pietistischen Versammlungen
gegeben hätte. Der in Britzingen und Tüllingen aufgewachsene Pfarrersohn
und Bäckergeselle Johann David Gmehlin (1684-1763) zog predigend umher. Er
verkündigte, man dürfe kein Blut essen, die Christen hätten die Gütergemeinschaft zu
üben und sowohl Zürich als Bern würden untergehen. Später wanderte er nach Nordamerika
aus. Auch Matthäus Pauli, von 1691 bis 1713 lutherischer Pfarrer - so in Erringen
und Badenweiler - hielt Versammlungen ab, in denen er behauptete, ein Wiedergeborener
könne nicht mehr sündigen. Der Staat griff gegenüber beiden in Basel und in Baden
hart durch, Pauli wurde suspendiert. Bleibendes haben diese zwei kirchlichen Separatisten
nicht geschaffen.

Die Zeitgenossen erlebten Aufklärung und Pietismus als unüberbrückbare Gegensätze
. In Wirklichkeit besteht eine nahe Verwandtschaft. Beide Richtungen pflegten einen
nicht zuletzt auch apologetisch motivierten Eifer im Erziehen, Gründen und Publizieren
. Die Zusammenhänge erscheinen manchmal frappant. So gründete Hans Heinrich
Rahn (1726-1801) von Zürich 1772 ein nachmals bekanntes Erziehungsinstitut in Aarau.
Sein Bruder Hartmann (1721-1795) ging als Schwager Klopstocks und Schwiegervater
Johann Gottlieb Fichtes in die Annalen ein. Die 1755 geborene Anna Barbara Rahn,
Tochter Heinrichs, heiratete den ötlinger Pfarrer Ferdinand Zandt (1755-1831). Bei diesem
wirkte nach 1790 als Vikar der Württemberger Carl Friedrich Adolf Steinkopf
(1773-1859), denkwürdig als Sekretär der Christentumsgesellschaft in Basel und später
als deutscher Pfarrer in London. Er vermittelte die Welt der Erweckungsbewegung zwi-

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