http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1985-01/0118
garden aufzustellen und Vertreterversammlungen einzuberufen. Die französischen Generale
erhielten Weisung,
»der Freiheit in Deutschland Eingang zu verschaffen.«
So atmete die Lörracher Bevölkerung deutlich auf, als die Franzosen kamen. Begleitet
wurden sie vom Basler Gesandtschaftssekretär Bacher, der den Oberamtsbehörden die
Zusicherung gab, daß
»Personen, Eigentum, Religion und Landesverfassung ungekränkt sein und bleiben
sollen.«
In der Landvogtei trafen sich die Lörracher Honoratioren zum Begrüßungsdiner, und
im »Hirschen« fand ein Ball statt, bei dem durch den Tanz der französischen Offiziere
mit den Bürgerstöchtern Lörrachs ein deutsch-französischer Freundschaftsbund geschlossen
werden sollte.
Mancher Markgräfler dokumentierte seine freundschaftlichen Gefühle durch das Tragen
einer blau-weiß-roten Kokarde. Manche vertauschten ihre alemannische Kniehose
mit der langen französischen Hose. Und viele meinten,
»jetzt würde alles revolutioniert und das Unterste zu oberst gekehrt werden.«
Ernst Jägerschmitt, der Kanderner Revolutionär, eilte in seine Heimat, um das Werk
zu vollenden. Sein Auftreten zeigt die Unsicherheit der Regierung.
Er erschien auf dem Bezirksamt in Badenweiler und forderte unter Hinweis auf die
Vollmacht Poterats die Bezirksbeamten auf, ihm bei der Einberufung sämtlicher Ortsvorsteher
zu einer Versammlung zu helfen. Er wurde nicht verhaftet, und ungestört von
den großherzoglichen Beamten reiste er mit seinen Helfern im Oberland umher und verteilte
in den Ämtern Rötteln und Badenweiler eine Einladung an
»alle diejenigen Vorgesetzten wie auch sonsten rechtschaffene Personen, welchen
das Glück und die Wohlfahrt ihrer Mitbürger und ihrer selbst am Herzen
liegt.«
Sie sollten zur Kalten Herberge kommen, um
»gemeinschaftliche Maßnahmen zu nehmen, das Wohl unseres lieben Vaterlandes
zu befördern und dessen Untergang zu verhüten.«
Die Versammlung tagte. Obwohl Jägerschmitt vorher verkündet hatte, sein Plan sei,
»den schwäbischen und fränkischen mit einem Teil des oberrheinischen Kreises
zusammenzuziehen und einen Freistaat daraus zu bilden«,
erklärte er dann, in Anbetracht des bevorstehenden Waffenstillstandes verzichte er auf
die Bekanntgabe seiner Aufträge. Zwar wurde verhandelt zwischen Karlsruhe und Paris.
Hauptgrund war aber sicher der Umstand, daß der französische General seine Unterstützung
versagte mit dem Bemerken, er dulde keine Revolution im Rücken der Armee.
Jägerschmitt setzte sich nach Basel ab, rechtzeitig, denn der Lörracher Oberamtsassessor
Maier war schon unterwegs, ihn zu verhaften.
Bei der Versammlung auf der Kalten Herberge zeigte sich dennoch, daß Unruhe im
Volke war. Viele kritische Stimmen wurden dort laut. Der Röttier Landvogt stellte danach
fest, daß
»ein Teil der Untertanen abscheuliche Gesinnungen an den Tag gelegt habe und
alles getan habe, was an ihnen war, um eine Revolution zu bewirken.«
Laut ausgesprochen wurde der Wunsch, die alten badischen Landstände wieder einzuberufen
, die 1668 zum letzten Mal getagt haben.
Sie sehen die Parallele zur französischen Revolution! -
Jägerschmitt gründete in Basel den »Club der deutschen Freiheitsfreunde« und trieb
mit ihnen weiter revolutionäre Propaganda in unserem Raum. Der erste republikanische
Versuch im Oberland war aber gescheitert.
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