http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1985-01/0152
Ernst Niefenthaler
Bauer und Mundartdichter (1894 - 1970)
von Gerhard Jung
Ehrenbürger der Gemeinde Bürchau; ausgezeichnet mit der Johann Peter Hebel Gedenkplakette
1960. Ehrenmitglied des Schwarzwaldvereins Schopfheim und der Arbeitsgemeinschaft
Markgräflerland für Geschichte und Volkskunde.
Veröffentlichungen: Dr Weg berguf (Mundartgedichte 1955), Hinterem Pflueg
(Mundartgedichte 1967), Prologe zu den Hebelabenden (Mundartprologe 1965).
Gedichte und Geschichten in der Mundart sind dort am lebendigsten, kräftigsten und
wohl auch am ehrlichsten, wo sich Umwelt und Innenwelt eines Menschen in ihnen widerspiegeln
. Das ist freilich nur dort der Fall, wo die Mundart als selbstverständlicher
Wesenszug zu dieser Umwelt und Innenwelt gehört — so wie bei Ernst Niefenthaler,
dem »Buuredichter«.
»I bin ne Buur«. Diese einfachen, kraftvollen Worte stehen hinter und über dem Werk
des Bergbauern vom Bürchauer Bühl. Sie stehen hinter und über seinem Leben.
»I streu dr Some uf mii Land,
er fliegt us miir in Gottes Hand!«
sagt er stolz. Und so, wie er den selbstgezogenen Samen auf das eigene Land wirft, so
streut er auch den geistigen Samen aus, Gedanken, die er nicht »importiert« und weit
herholt, sondern aus dem zieht, was seinen Alltag ausmacht, aus seiner Arbeit und seiner
Umwelt, aus dem, was er erlebt hat und erlitten.
Es ist also nicht mehr als recht, wenn Ernst Niefenthaler bei seinen Landsleuten »dr
Buuredichter« heißt oder »Heimetdichter«. Diese Bezeichnungen zeigen Standort und
Charakter des Dichters wie auch des Werkes auf. Es wäre grundfalsch, ihn ihretwegen
als »Feld-, Wald- und Wiesen-Poet« zu betrachten. Wohl gibt ihm die Natur Grundklang
und Stoff, aus dem er seine Lieder formt, er läßt sie in ihrem ganzen Zauber darin
aufklingen:
»Es tribt dr jungi Fruehlig mi
zuem enge Stübli uus,
i mueß ällei im Freie sii,
im große Gotteshuus.
I wandle wie s mi glust un ziecht
dur Felder un dur Gras;
o Früehligsluft, no winterfüecht,
was für e Gnuß isch das!«
Aber Niefenthaler gibt sich nicht zufrieden mit einer »herzigen« Naturschilderung.
Die Natur ist ihm mehr als geistiges Fotoobjekt, sie ist ihm Fingerzeig für den tieferen
Sinn aller Dinge, für das Jenseitige, das »Änedra«.
»Wie isch das Menschli doch so arm,
wo nit das Lebe gspürt,
wo si so gheimnisvoll un warm
in üsem Bode rüehrt.
S isch alles flüchtig, wandelbar,
un niene nümmt's en End;
150
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1985-01/0152