http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1985-01/0182
Staat / Krankheit und Tod. Entsprechende Unterstichworte (etwa bei Jugend: Kindlesbrunnen und
Hebamme / Storch / Kindsbad / Paten / Taufe / Kinderkrankheiten / Wiegen- und Kinderlieder /
Kindererziehung) detaillieren in der Fülle des Materials nur von ungefähr, jedoch hilft das Sachregister
stets und avanciert das Ganze zu lexikographischem Gebrauch. Da Meyer seine Einzelaussagen
aus ganz verschiedenen Regionen und Subregionen bezieht, hat das jetzt geschaffene Ortsregister
einen erfreulichen Stellenwert.
Von der Materie her gibt es in dieser dem menschlichen Dasein chronologisch parallelen Stoffsammlung
(stilistisch übrigens zumeist sauber gefaßt) aufschlußreiche und weniger aufschlußreiche
Thematik. Am meisten dürfte heutzutage das Kapitel »Bei der Arbeit« interessieren. Wobei allerdings
immer wieder betont werden muß, daß Meyer vorwiegend vom bäuerlichen Leben und den
entsprechenden Lebensbezirken ausgeht, an und für sich ist es bedauerlich, daß alles Städtische, ja
schon Kleinstädtische von ihm ausgeklammert wurde. In unserm Fall: Stall / Pferdezucht / Rinderzucht
/ Viehpatrone / Hühner / Bienen /Ackerbau / Pflügen / Säen / Flurumgänge / Ernte / Dreschen
/ Hanf und Flachs / Weinbau / Waldarbeiten / Bergbau / Flößerei / Fischerei / Schwarzwaldindustrie
/ Hausierhandel. (Es verwundert etwas, daß Viehpatrone und Flurumgänge nicht im religiösen
Brauchtumsabschnitt als Stichworte erscheinen, dort hat es dann u. a. Wallfahrten, Sekten
und sogar Salpeterer).
Selbstverständlich ist der Meyer jeweils zur Verfügung stehende Raum - von den Spezifikationen
her gesehen - doch mitunter auch sehr knapp bemessen. Aber Meyer ist ein Künstler im Hinblick
auf die Unterbringung von Fakten, er ist ein klassischer Lexikograph. Beispielsweise umfaßt der
Weinbau nur gute 3 Druckseiten, doch was hier in komprimierter und doch klar überschau- und
einsehbarer Weise gesagt wird, ist erstaunlich. Etwa von der Folge guter und schlechter Weinjahre,
von Rebordnungen und allen anfallenden Rebbergarbeiten mitsamt mundartlichen Ausdrücken
und bewährten Bauernregeln. Besonderheiten zahlreicher altbewährter Weinorte werden eigens zitiert
und das jeweils Typische nach Möglichkeit herausgestellt. Parallelen ergeben sich oft wie von
selbst und verlohnen die durchgängige Lektüre einschlägiger Absätze.
Daß Meyer seine Berichterstattung auf das 19. Jahrhundert - und eigentlich vorzugsweise auf
dessen 2. Hälfte - beschränkt hat, kommt dem Ganzen insofern zu Nutzen, als er damit eine groß-
teils direkte Quellensammlung schafft.
Es braucht nicht zu wundern, daß dieses Werk seit längerem ein antiquarisches Desiderat gewesen
ist. Der Rez., lange Jahre in Antiquariatspraxis und -theorie aktiv, hat die ganze Zeit über ein
total zerfleddertes Exemplar benutzt, weil es für ihn eben kein anderes gab bzw. kein besseres aufzutreiben
war. Jetzt ist er zufrieden, das vielgediente Werk durch den in oben aufgezeigter Weise
bereicherten Reprint ersetzen zu können. Die Doppelfunktion dieses Bandes — zu Lektüre und zum
Nachschlagen — wird ihm gewiß auch heute noch - und heute erst recht — neue Freunde gewinnen.
Helmut Bender
Zwei außergewöhnliche Bücher
Das eine ist schon lange bekannt und auch schon eine Weile als Reprint zu haben:
Es ist die Kirchener Chronik des Pfarrers Julius Schmitt
Kirchen am Rhein, eine karolingische Königspfalz
in vielen Familienbibliotheken seit 1911 verbreitet und als vorbildlich bekannt, aber eben bisher
nicht mehr zu haben gewesen. Friedrich Resin in Weil, der sich in uneigennütziger Weise solchen
landeskundlichen und literarischen Aufgaben widmet, hats gedruckt. Aber ohne die Mitarbeit und
das Engagement unseres Freundes und Mitglieds Dr. Felix Poeschel in Kirchen wäre der Nachdruck
mit seinem Anhang II, dem Verzeichnis der Abbildungen und einigen kurzen Beiträgen ur-
und frühgeschichtlicher (R. Dehn) und baugeschichtlicher Art (Frau Dr. A. Heimann) nicht mög-
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