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Symbol so erklärt: ein Ritter, der von seinem durchgehenden Pferd ins Meer gezogen
wurde, fand durch die Fürbitte des Apostels Rettung. Als man den Unglücklichen aus
dem Wasser zog, war er über und über mit Muscheln bedeckt.
Bei der Interpretation der Jakobsmuschel sollte jedoch nicht vergessen werden, daß
das Muschelsymbol auch in anderen Kulturkreisen auftaucht. Bei den Buddhisten z. B.
gilt es als Zeichen für gutes Geschick und glückliche Reise, bei den Griechen steht es für
die Geburt der Venus. In der koptischen Kirche ist die Muschel Symbol der Auferstehung
. Eine Theorie besagt, daß die Reliquien des heiligen Jakobus über das Kloster Rai-
thiu (Sinai) und das ägyptische Alexandria nach Galizien gekommen seien. Ein Zusammenhang
mit der koptischen Muschelsymbolik wäre so leicht herzustellen. Die Muschel
, ein Symbol für das Leben?
Eine Erklärung, die nicht von der Hand zu weisen ist, denn der Pilger mußte sich lossagen
von seinem bisherigen Leben, vertauschte sein Alltagsgewand mit der Pelerine (pe-
lerin, französisch = Pilger), dem weiten Mantel unseres Pilgers auf der Ofenkachel, ja er
schrieb sogar sein Testament, bevor ihn der Priester mit dem Segen entließ. Er machte
sich auf den Weg, um ein neues Leben, ein geistliches Leben zu beginnen. In der Hand
trägt er den Pilgerstab, der ihm nicht nur als Stütze dienen wird, sondern auch dazu, die
wilden Tiere zu verjagen. Der ausgehöhlte Kürbis an seinem Stab (fehlt in dieser Lörracher
Darstellung) wird mit Wasser gefüllt. Die Vorräte, die er auf seine lange Reise (etwa
1800 bis 2000 km von Basel aus) mitnehmen wird, sind spärlich. In der Umhängetasche
hat nicht viel Proviant Platz. Daß er eine Art Rosenkranz, eine Paternosterschnur bei
sich trägt, mag damit zusammenhängen, daß es Brauch war, den Pilgern Ringe und Steine
und eben solche Gebetsschnüre mitzugeben. An allen Orten, wo sich wertvolle Reliquien
befanden, sollte er diese damit berühren, um sie so zu weihen und wertvoller zu
machen. Ein Verhalten, das mittelalterliches Denken sehr gut veranschaulicht.
Abb. 2:
Ofenplatte aus dem 19. Jahrhundert
(Heimatmuseum Lörrach).
Sie stellt einen Santiago-
Pilger in seiner typischen Tracht dar
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