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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
47.1985, Heft 2.1985
Seite: 71
(PDF, 34 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/mgl-1985-02/0073
Daß in Basel ein Treffpunkt der Pilger war, wahrscheinlich auch über die Zeit der Reformation
hinaus, beweist einer der Merian-Stiche von Basel, wo in der Nähe der Peterskirche
eine »Pilger- und Elendenherberge« verzeichnet ist. »Elend« muß nicht unbedingt
im heutigen Sinn verstanden werden, hat sich doch zum Teil bis ins 18. Jahrhundert
der ursprüngliche Wortsinn elend = fremd erhalten. Aber wie elend in unserem Sinn es
den Pilgern oft gegangen sein muß, verdeutlichen die Rechte, die ihnen bereits im Codex
Calixtinus verbrieft wurden: Anrecht auf Pflege im Krankheitsfall, Recht auf eine gute
Beerdigung, das Recht, daß die Pilgerschuhe auch am Sonntag geflickt werden durften.
Auch Lebensmittel standen dem Pilger zu: Brot, Käse, Fleisch und Wein. Allerdings
konnten diese Rechte nicht immer gewährt werden, denn zeitweise waren es zu viele Pilger
, und außerdem wurden vor allem gegen Ende des Mittelalters diese Privilegien von
Landstreichern und Tagedieben mißbraucht. Coquillard (abgeleitet aus dem französischen
Wort coquille =Muschel) wurde zum Schimpfwort. So weiß man, daß die Freiburger
Behörden 1565 Pilger nur noch dann verköstigt haben, wenn sie nachweisen
konnten, daß sie im letzten Jahr nicht durch die Stadt gezogen waren. In den Basler
Chroniken (3. Bd. Seite 560/561) finden sich zwei sehr schöne Belege dafür, wie die Pilgerschaft
gegen Ende des Mittelalters pervertiert wurde. Zwei Begriffe der Gaunersprache
, des Rotwelsch, lassen deutlich einen Zusammenhang mit den Pilgern erkennen:

Kamerierer

e e

Item es sint ouch etlich, die da zeichen an iren hüten und kugelhuten tragent,
besunder Romsche fronecken, muschellen und ander zeichen, und gitt ye einer
dem andern zeichen ze kouffende, da man wenen solle, si sient an den Stetten gewesen
, davon si die zeichen tragent, wiewol sie doch nie dar kament, und betrie-
gent die lüte damitte. und das heissent kammerierer.
(Wahrscheinlich abgeleitet von lat. clamare = schreien, herbeirufen)

Hantblinden

Item es sint ouch etlich blinden, die geblendet sint von ir missetat oder bosz-

heit wegen, die in den landen wandelent und die gemalten tafeln vor den kilchen

e. o . o

zoigent, und tund sich usz, wie si ze Rome, zu Sant Jacob und andern verren

Stetten gewesen sient, und sagent von grossen zeichen, die da beschehen, daz

doch alles ein betrügnisse und ein beschisz ist.
Einen der interessantesten Belege dafür, daß auch in unserer Heimat der Jakobus-Kult
verbreitet war, brachten die Ausgrabungen in der Kirche von Gelterkinden zutage. Wir
erinnern uns an die Pilgerdarstellung auf der Lörracher Ofenplatte. In der linken Hand
hält der Wallfahrer eine Perlenkette, die an einen Rosenkranz erinnert. In einem Grab
der Gelterkinder Kirche wurde eine solche sogenannte Paternosterschnur gefunden. Sie
war eine Grabbeigabe für eine vornehme Dame, die zwischen 1530 und 1540 hier bestattet
wurde. Die Kette besteht aus 37 durchbohrten Kugeln, einem kegelförmigen Stück
und einer Gagatperle. Auf den drei abgeplatteten Seiten dieser Perle ist jeweils eine Jakobsmuschel
eingeschnitzt. Bis zum heutigen Tag werden in Santiago Wallfahrtsmuscheln
aus Gagat, einer Kohleart, die auch schwarzer Bernstein genannt wird, angeboten
. Zwei weitere Einschiebsel kennzeichnen diese Paternosterschnur: eine Münze Kaiser
Maximilians I. und eine Silberstatuette des heiligen Sebastian. Diese Sebastian-Darstellung
deutet darauf hin, daß es sich bei diesem Fund höchstwahrscheinlich um ein
Pestamulett gehandelt hat, haben wir doch bereits gehört, daß Sebastian neben Rochus
und Jodokus als Pestheiliger angerufen wurde. (Jürg Ewald, die Ausgrabungen in der
Kirche zu Gelterkinden (S. 277 ff.).

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