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Das Markgräflerland: Beiträge zu seiner Geschichte und Kultur
47.1985, Heft 2.1985
Seite: 82
(PDF, 34 MB)
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außerdem von einem Narren namens Wulf Scherer, der jedoch wegen seiner Torheiten
Petter Letzkopf genannt wurde. Dieser ging im Sommer und Winter ohne Hosen und
Schuh und trieb auch mit Johann Werner von Zimmern seinen Schabernack. Weil er dem
Grafen in seinem Schloß zu Meßkirch alle Türschlösser verstopft hatte, wurde er aus der
Stadt verwiesen, später jedoch wieder aufgenommen, weil er beteuerte, er könne nur in
dieser Stadt leben, da es nirgends auf der Welt so schön sei wie hier. Und dieser Narr
kannte die Welt, konnte er doch nachweisen, daß er viermal Santiago und mehrere Male
Rom besucht hatte. Daß er auf diesen Pilgerfahrten mit Mord und Totschlag in Verbindung
gebracht wird, gereicht ihm allerdings nicht zur Ehre. Einen sehr interessanten
Hinweis auf die rechtsgeschichtliche Funktion der Wallfahrten im Mittelalter gibt die
Mitteilung, daß ein gewisser Ulrich Stüber, der durch einen Strolch seinen Schwager, einen
Vogt von Falkenstein, ermorden ließ, von Gottfried Werner von Zimmern auf vielerlei
Fürsprach hin nicht zum Tode verurteilt wird, dafür eine Wallfahrt nach Loretto
und Santiago unternehmen muß. Dieser Verpflichtung kommt er nach, kehrt als Geläuterter
nach Hause zurück und wird ein rechtschaffener Bürger (Chronik der Grafen von
Zimmern, Band II, Seite 237). Von Graf Froben wird berichtet, daß er einen jungen
Pferdedieb vor dem Erhängen gerettet hat, nachdem dieser bereit war, nach Santiago zu
pilgern (Konrad Haebler, Das Wallfahrtsbuch des Hermanus Künig von Vach, Seite 82).
Auch aus dem Elsaß kennen wir Beispiele, wo die weltliche Gerichtsbarkeit als Strafe eine
Wallfahrt nach Santiago verhängt, so z. B. im Jahre 1384, nachdem der Abt Berthold
des Klosters Neuburg bei Hagenau im Zusammenhang mit Grenzstreitigkeiten von aufgebrachten
Bauern ermordet worden war. Als Sühne müssen die fünf Hauptschuldigen
nach Rom und Santiago pilgern (Archives de l'eglise d'Alsace, Tome XIII - XXIX, S.
1600)

6. Das Ende der großen Pilgerzeit

Mit Beginn der Neuzeit verschwanden die Pilgerscharen von den Straßen Europas,
nicht zuletzt bedingt durch die Reformation und die in Spanien einsetzende Inquisition.
Es entstanden Zweifel an der Echtheit der Reliquien, und die bereits erwähnte Perversion
dieser ursprünglich sehr ernst gemeinten religiösen Übung tat ihr übriges. 1492
wurden außerdem die letzten Araber aus Granada vertrieben; auch diese Begründung für
eine Pilgerfahrt fiel von nun an aus. Ludwig XIV. und Maria Theresia schließlich verbieten
sogar die Reise nach Santiago, weil dadurch Unsummen Geldes ins Ausland transferiert
wurden. Dies widersprach der Idee des Merkantilismus. Die sehr fromme Maria
Theresia wollte einerseits mit ihren Reformen dem ausufernden Pilgerwesen Einhalt gebieten
, andererseits aber auch österreichische Wallfahrtsorte fördern. Erst im 19. Jahrhundert
, dem Jahrhundert des nationalen Denkens, wurde Jakobus als spanischer National
-Heiliger neu entdeckt.

7. Aus der Volkskunde
Sitten und Gebräuche

In den folgenden Abschnitten stütze ich mich vor allem auf das Handwörterbuch des
deutschen Aberglaubens, auf das Badische Wörterbuch von Ochs und das Grimmsche
Wörterbuch, die alle eine Fülle von Material zu unserem Thema bieten. Ich werde mich
bewußt nicht nur auf Sitten und Bräuche unserer engsten Heimat beschränken, sondern

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